(firmenpresse) - Die Staatsanwaltschaft Marburg hat am 30.10.2016 im Bundesanzeiger Informationen veröffentlicht, wonach aufgrund von Beschlüssen des Amtsgerichts Marburg Vermögenswerte zugunsten von potentiell Strafgeschädigten im Zusammenhang mit Aktiengeschäften beschlagnahmt worden sind, an denen unter anderem die Firmen MAXX Fair Trade GmbH, COLONIA 11 Vermögensverwaltung UG, Vanguard Arts Gold oder eine JCN Trade beteiligt sein sollen (Az. 2 Js 14192/14 WI). Diese Maßnahmen erfolgten zur Sicherung der Ansprüche von Geschädigten, denen die Möglichkeit eröffnet werden soll, ihre Rechte geltend zu machen. Hierzu müssen die Geschädigten selbst aktiv werden und in einem ersten Schritt gegenüber den Tätern, bei denen Vermögen zu erlösen ist, einen zivilrechtlichen Vollstreckungstitel erwirken.
Worum geht es in Sachen MAXX Fair Trade GmbH u. a.?
Die Staatsanwaltschaft Marburg und die Polizei in Gießen ermitteln laut Presseberichten im Rahmen einer bereits seit 2014 andauernden mutmaßlichen Betrugsserie. Das Ermittlungsverfahren richtet sich laut Pressberichten derzeit angeblich gegen 26 Beschuldigte, denen vorgeworfen wird, nicht existierende Aktien und Anleihen von vermeintlich namenhaften Unternehmen angeboten und verkauft zu haben. Laut den Angaben der Staatsanwaltschaft Marburg im Bundesanzeiger wurden dort nur Kurt Martin Platte, Moritz Fickenscher und Jochen Walter Mühlen als Beschuldigte benannt. Die Beschuldigten sind laut Presse verdächtig, Callcenter in Düsseldorf, Köln und Spanien errichtet und betrieben zu haben und über diese tatsächlich nicht existente Aktien namhafter Unternehmen per Telefon angeboten zu haben.
Unter welchen Firmennamen traten die Beschuldigten auf?
Laut den Angaben eines Artikels vom 12.07.2016, die der Fotograf Alexander Wittke auf seiner Webseite nh24.de verantwortet, sollen sich die Beschuldigten u. a. per Telefon als Mitarbeiter folgender Unternehmen ausgegeben haben:
Russel & Partner Trust Financial Management Inc. mit Sitz in Miami, USA,
LF-Trust Europe mit Sitz in Luxemburg,
Master Financial Service mit Sitz in Genf
Lloyd Financial Service Treuhand (LFFS) mit Sitz in Manchester, Großbritannien
Maxx Trade / Max Fair Trade GmbH mit Sitz in Bremen und
First American Credit Institute mit Sitz in Oregon, USA
Die Unternehmen unterhielten teils recht aufwendige Internetauftritte, auf denen die Geschädigten, wenn sie sich erst einmal auf die mutmaßlichen Betrüger eingelassen haben, den Wert ihrer vermeintlichen Aktien und Anleihen detailliert verfolgen konnten. Nach jetzigem Erkenntnisstand wurden zudem Treuhandfirmen gegründet, angeblich zum Zwecke der Verschleierung der Geldeingänge.
Was sagt die Aufsichtsbehörde BaFin dazu?
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (kurz: BaFin) gab bereits am 12.09.2016 eine Warnmeldung heraus, wonach die Lloyd Financial Service Treuhand (LFFS) für die von ihr beworbene Tätigkeit keine Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes (KWG) zum Betreiben von Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäften besitze. Ein Unternehmen dieses Namens stehe bislang auch nicht unter der Aufsicht der BaFin. Ferner weist die BaFin darauf hin, dass Unternehmen keine zustellfähige Adresse im Inland besitzen würde. Das auf der Website im Impressum angegebene Postfach in Frankfurt sei tatsächlich nicht auf das Unternehmen registriert. Inzwischen ist der Internetauftritt (Stand 08.02.2017) unter www.llfs.de abgeschaltet.
Was versteht man unter einem Verfahren zur Rückgewinnungshilfe?
Die Vermögenssicherung zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe ist ein in der Strafprozessordnung geregeltes Verfahren, um aus dem Vermögen der im Strafverfahren Beschuldigten bewegliche Gegenstände, Grundstücke oder sonstige Vermögenswerte in Beschlag zu nehmen. Ziel dieses Verfahrens ist es, den Strafgeschädigten, d. h. den Investoren/ Gesellschaftern unter anderem der MAXX Fair Trade GmbH und deren beschuldigten Verantwortlichen, den Ersatz ihres Schadens zu ermöglichen.
Wie viele Geschädigte existieren?
Aufgrund der bisherigen Ermittlungen geht die Staatsanwaltschaft derzeit von über 300 geschädigten Personen in Deutschland aus. Die Ermittlungen dauern aber noch an.
Worin liegt die Crux?
Der von der Strafprozessordnung vorgesehene Ablauf sieht vor, dass jeder Geschädigte selbst aktiv werden muss, wenn er an sein Vermögen heran will. Wenn geschädigte Aktionäre deshalb die gezahlten Gelder ganz oder in Teilen zurückerhalten wollen, muss als erstes ein vollstreckbarer Titel erwirkt werden, d. h. der Aktionär muss aktiv per Gerichtsverfahren seine Forderung sichern. Dies muss konkret gegen diejenigen Personen erfolgen, bei denen die besagten Vermögenswerte gesichert worden sind. Mit Hilfe eines Vollstreckungstitels kann dann mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rangwahrend gepfändet werden.
Reicht es aus, wenn ich gepfändet habe?
Selbst wenn Geschädigte einen Vollstreckungstitel erwirkt haben und anschließend im Wege der Vollstreckung die Pfändung betreiben, reicht dies angesichts der Besonderheiten des strafprozessualen Rückgewinnungshilfeverfahren jedoch in der Regel nicht aus, um dem Geschädigten die Rückerstattung seines Vermögens zu ermöglichen. Die Antwort auf oben genannte Frage lautet also eindeutig: Nein! Bei den typischen Kapitalanlagenbetrugsfällen pfänden meist mehrere Geschädigte nacheinander. Um hier rangwahrend an die attraktive Stelle der sehr frühen Pfändung der Staatsanwaltschaft vorzurücken, muss regelmäßig noch ein gesondertes Zulassungsverfahren vor einem Strafgericht absolviert werden. Das Verfahren der Rückgewinnungshilfe und seine prozessualen Besonderheiten gelten deshalb als ein Rechtsgebiet für Spezialisten.
Was bedeutet der sogenannte „Gläubigerwettlauf“?
Bei der Anspruchsdurchsetzung im Wege der Rückgewinnhilfe gilt das Prinzip: „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Die zügige Erwirkung eines Vollstreckungstitels vor Gericht hat regelmäßig zwei grundlegende Voraussetzungen: a) sollten die Investoren/ Gesellschafter wissen, wie man zügige an die dazu unbedingt erforderlichen Informationen gelangt. b) setzte die Beratung in diesem Bereich prozessuale Kenntnisse über das Führen von Arrestverfahren voraus. Die Komplexität des Sachverhaltes lässt es ratsam erscheinen, sich rechtlich von spezialisiert arbeitenden Rechtsanwälten beraten zu lassen.
Was passiert, wenn ich nichts tue?
Erfolgen keine Maßnahmen durch den Geschädigten, erhalten die Beschuldigten im Strafverfahren möglicherweise die von der Staatsanwaltschaft gesicherten Vermögenswerte wieder zurück. Ein häufig anzutreffender Irrtum besteht in der fehlerhaften Annahme, die Staatsanwaltschaft verteile die gesicherten Gelder gleichmäßig an die Geschädigten. Ein Verteilungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft findet vielmehr nicht statt, sondern es ist Sache der Betroffenen sich um eine Titulierung der Forderung zu kümmern.
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