(ots) - Es ist eine seltsame Debatte, die Deutschland
derzeit wieder einmal erfasst hat. Es geht um Gehalt und
Gerechtigkeit, um Neid und um die richtigen Maßstäbe, um große
Leistungen und teures Versagen. Dass Topmanager hierzulande viel zu
viel verdienen, darüber herrscht wohl rasch an jedem Stammtisch große
Einigkeit. Zumal wenn es sich um solche handelt wie Martin
Winterkorn. Der Ex-Vorstandschef will vom größten Skandal in der
Geschichte des Volkswagenkonzerns lange nichts gewusst haben. Der
ehemalige Top-Verdiener unter den Deutschen Dax-Vorständen ist
mittlerweile zum Inbegriff für Maßlosigkeit, Gier und Abgehobenheit
geworden. Frühere Verdienste, die der detailbesessene Ingenieur
Winterkorn ganz zweifellos ebenfalls hat, verblassen angesichts der
jüngsten dramatischen Vorwürfe allerdings. Martin Schulz, fast schon
so etwas wie der wieder auferstandene Gerechtigkeits-Messias der
Sozialdemokratie, hat das Thema der Manager-Bezüge jetzt erneut
kräftig angefacht. Ein Gesetz muss her, dass zumindest die
steuerliche Absetzbarkeit der satten Spitzengehälter, üppigen
Bonuszahlungen und hohen Ruhegelder der Vorständler begrenzt, sagt
die SPD. Das ist einerseits zweifellos richtig, um endlich die
maßlosen Auswüchse bei den Managerbezügen zu begrenzen. Andererseits
jedoch hat die SPD selbst über drei Jahre lang auf der Bremse
gestanden. Ein entsprechendes Gesetz, das noch der vorangegangene
Bundestag mit der schwarz-gelben Mehrheit beschlossen hatte, wurde
seinerzeit von der SPD im Bundesrat blockiert. Und der heutige
Justizminister Heiko Maas, der eigentlich längst ein Gesetz für mehr
Transparenz bei den Managerbezügen hätte vorlegen sollen, schob das
Vorhaben aus dem schwarz-roten Koalitionsvertrag auf die Lange Bank.
Es geht nicht nur um mehr Gerechtigkeit bei den Top-Gehältern,
sondern auch um Redlichkeit in der Politik. Zugleich sollte die
Gesellschaft freimütig - und ohne alle Manager über einen Kamm zu
scheren - diskutieren, welche Vergütungen für Vorstände, aber auch
für die Aufsichtsgremien von Großunternehmen tatsächlich angemessen
sind. Entscheidend sollte dabei nicht das Bauchgefühl sein, sondern
ob es dem Vorstand gelingt, das Unternehmen langfristig erfolgreich
zu führen. Die Betonung liegt auf langfristig. Effekthascher, die auf
Teufel komm raus den Rotstift schwingen, nur um tolle Quartalszahlen
zu bekommen und die Kurse zu puschen, gibt es leider zur Genüge.
Manager, die Langfriststrategien verfolgen - und dabei von
Aufsichtsgremien und den Eigentümern unterstützt werden - viel zu
wenige. Weil alle Selbstverpflichtungen der Vorstände bislang nur
vollmundiges Gerede ohne Wirkung waren, sollte der Gesetzgeber nun
ernsthaft zumindest an die Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit
von Bezügen, Boni und Ruhegeldern gehen. Denn es ist wirklich nicht
einzusehen, warum Millionen von Normalverdienern die Millionen-Bezüge
von Spitzenmanagern noch weiterhin indirekt mitbezahlen sollen. Die
Verführungen des großen Geldes sind riesig. Dennoch dürfen auch
Topmanager keine abgehobene Kaste sein, die ihre Wertschätzung vor
allem aus möglichst vielen Stellen vor dem Komma in ihrer
Gehaltsabrechnung zieht. Topmanager werden hierzulande zumeist
exorbitant bezahlt. Doch nicht immer entspricht das ihren jeweiligen
Leistungen, ihrer Verantwortung für ihr Unternehmen, aber auch für
die Gesellschaft. Topmanager sollten das bekommen, was sie verdienen.
Ein Gesetz, dass die Auswüchse zumindest eindämmt, könnte ein kleiner
Schritt dahin sein.
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