(ots) - Die grün mitregierten Länder im Bundesrat haben
abgelehnt, die drei Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko
als sichere Herkunftsländer einzustufen. Doch wer, wie viele
Unionspolitiker, diese Entscheidung nun zu einem Rückschlag im Kampf
gegen illegale Migration erklärt, der überzieht. Zwar wäre die
Einstufung durchaus ein Signal in diese Länder hinein, eine Art
Stoppzeichen: Seht, es hat keinen Zweck, nach Deutschland zu kommen!
Doch schon 2016 waren es nur noch 8000 Asylbewerber aus den
Maghreb-Staaten, die neu einreisten. Jene vielen dagegen, die schon
hier sind, könnten auch mit der neuen Einstufung nicht schneller
abgeschoben werden als bisher, weil die Maghreb-Staaten nur wenig
Interesse haben, sie zurückzunehmen. Da muss die Bundesregierung noch
dicke diplomatische Bretter bohren. Doch zeigt die Debatte um die
Maghreb-Staaten punktgenau, woran die Asylpolitik derzeit krankt: Der
Streit spielt sich nun, da der Vorwahlkampf beginnt, vorwiegend auf
ideologisch zementierten Schauplätzen ab. Nüchterne Erwägungen
weichen plakativen Einzelaktionen - gern in Form neuer Gesetze. Dabei
gab es in den vergangenen beiden Jahren bereits so viele Änderungen,
dass die Behörden mit der Umsetzung kaum hinterherkommen. Da ist das
Asylpaket I vom Oktober 2015, dem Anfang 2016 das Asylpaket II
folgte, flankiert von neuen Regeln auf EU-Ebene, und vor wenigen
Wochen ergänzt durch das sogenannte "Abschiebepaket", das die
Ausreise abgelehnter Asylbewerber deutlich beschleunigen soll.
Inzwischen erhalten viele Asylbewerber wieder Sachleistungen statt
Bargeld, dürfen ihren Wohnort nicht frei wählen, der Familiennachzug
wurde drastisch eingeschränkt, und wer eine "ungünstige
Bleibeprognose" hat - etwa Flüchtlinge aus Maghreb-Staaten - harrt
oft weit länger als sechs Monate in der Erstaufnahme aus. Spätestens
seit 2016, das mit den Übergriffen von Köln begann und dem Anschlag
in Berlin endete, dreht sich die Diskussion über Asylpolitik vor
allem um Abschiebung und Abschreckung. Die Bundesregierung hat ihren
Kurswechsel nie lautstark proklamiert, sondern einfach vollzogen.
Allerdings ist inzwischen ein Punkt erreicht, an dem weitere
Gesetzesverschärfungen nur wenig an Sicherheit und Abschreckung
bringen, dafür aber tief in die Menschenrechte eingreifen - wie etwa
der immer wieder aufkeimende Vorschlag von Flüchtlingslagern an den
deutschen Grenzen oder gleich in Libyen. Wichtig wäre jetzt, die
vorhandenen Gesetze in Ländern und Kommunen, in großen und kleinen
Behörden umzusetzen. Denn da hakt es gewaltig. Wie bei der
Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in die Maghreb-¬Staaten wären
auch hier Politiker mit langem Atem nötig, die abseits des
Rampenlichts wirken. Im Wahlkampf sind die allerdings die Ausnahme.
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