(ots) - Die Bundesregierung hat lange gewartet, um die
Drohung auszusprechen, nun könnte das Einreiseverbot für Mitglieder
der türkischen Führung kommen. Es wurde Zeit. Es hat nichts mehr mit
freier Meinungsäußerung zu tun, wenn man den Niederlanden vorwirft,
sie hätten die bosnisch-muslimischen Männer von Srebrenica ermordet.
Das ist schlicht gelogen. Ja, die holländischen Blauhelme hatten die
Stadt kampflos übergeben. Doch das Massaker verübten serbische
Soldaten. Es hat auch nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun, wenn
der türkische Präsident Deutschland mehrfach vorwirft, Nazi-Praktiken
anzuwenden. Das ist schlicht absurd, noch dazu von einem Politiker,
der nach dem gescheiterten Putschversuch Säuberungsaktionen
durchgeführt hat und Oppositionelle und kritische Journalisten
inhaftieren lässt. Es ist derselbe Recep Tayyip Erdogan, der nun
seine Befugnisse ausweiten möchte. Diesem Mann und seinen Anhängern
eine Bühne zu bieten, wäre unter anderen Vorzeichen schon fragwürdig
gewesen. Nach den jüngsten Eskalationen würden sich Europas
Demokratien der Lächerlichkeit preisgeben. Das Problem ist: Sie haben
das eigentlich bereits getan. Es ist ein knappes Jahr her, dass die
Europäer den Deal mit der Türkei geschlossen haben, der die Zahl der
Flüchtlinge, die nach Europa kamen, drastisch eindämmte. Schon damals
war klar, dass Erdogan damit einen Hebel hat, um die EU unter Druck
zu setzen. Dass sich Den Haag und Berlin nun zumindest einig sind in
ihrer Haltung zu Erdogan, ist ein schwacher Trost angesichts der
Schwäche, die Europa derzeit offenbart.
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