(ots) - Die Frage, ob der Soldatenberuf ein Job ist wie jeder
andere, ist oft und kontrovers diskutiert worden. Sicher ist
zumindest: Es handelt sich um eine geschlossene Gesellschaft, deren
Mitglieder obendrein besonderen Gefahren ausgesetzt sind - was die
Neigung erhöht, Neuankömmlingen den Beweis abzuverlangen, wirklich
dazugehören zu wollen. Davon legen die fragwürdigen Praktiken, die in
solcher Zahl ans Licht kommen, dass es kaum möglich ist, sie als
bedauerliche Einzelfälle oder individuelles Führungsversagen
schönzureden, Zeugnis ab. Verteidigungsministerin Ursula von der
Leyen, deren Hauptanliegen darin besteht, die Truppe als attraktiven
und familienfreundlichen Arbeitgeber zu positionieren, kommt das
naturgemäß ungelegen, so dass es verständlich ist, dass sie in
Deckung geht. Von der Leyens schöne neue Bundeswehr ist eine
Illusion. Fast jeder, der - egal, wann - gedient hat, weiß von Dingen
zu berichten, die er lieber nicht erlebt hätte. Fragwürdige Rituale
und Belästigungen aller Art sind ein Teil davon und keineswegs auf
die Bundeswehr beschränkt. In der Enge einer Kaserne und der
gegenseitigen persönlichen Abhängigkeit sind sie freilich weit
schwerer zu ahnden als im Zivilleben. Die hilflosen Beteuerungen,
hart durchzugreifen, machen die Sache nur noch schlimmer. Denn Hand
aufs Herz: Jene, die sich trauen, zu reden und sich beschweren, sind
weder Hasenfüße noch Nestbeschmutzer, sondern Soldaten, die ihre
Rechte und das Bild des Staatsbürgers in Uniform ernst nehmen. In der
Praxis werden sie - zu ihrem eigenen Schutz - versetzt und nicht die
Täter. Das ist der eigentliche Skandal.
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