(ots) - Das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder aus
einkommensschwachen Familien ist offenbar ein krasser Fehlschlag.
Neuen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge nehmen nicht einmal
zehn Prozent der Kinder von Hartz-IV-Empfängern die ihnen zustehenden
Leistungen für kulturelle und soziale Teilhabe in Anspruch. Das
berichtet die in Essen erscheinende Westdeutsche Allgemeine Zeitung
(WAZ, Freitagausgabe). Die betroffenen Kinder könnten damit Musik-
und Kunstunterricht außerhalb der Schule bezahlen oder die
Mitgliedschaft in Sportvereinen.
Das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung wurde im April
2011 als Teil des "Hartz IV-Kompromisses" eingeführt, nachdem das
Bundesverfassungsgericht im Jahr zuvor festgestellt hatte, dass die
Regelsätze von Hartz IV - besonders für Kinder und Jugendliche - zu
niedrig ausfielen. Das Teilhabe-Paket ist für das Essen in Schulen
und Kitas gedacht, für Schulausflüge und Nachhilfe sowie für Sport
und Kultur außerhalb der Schule. Die Unterstützung muss von den
Betroffenen bei ihrer Stadt beantragt werden.
Professor Holger Noltze vom Rat für Kulturelle Bildung in Essen,
der die Zahlen abgerufen hat: "Bundesweit liegen Beträge im
dreistelligen Millionenbereich brach. Allein in Nordrhein-Westfalen
gehen pro Jahr 58 Millionen Euro für die Teilhabe von Kindern und
Jugendlichen verloren. Das Bildungs- und Teilhabepaket muss von der
kommenden Bundesregierung grundlegend reformiert werden."
Der Rat für Kulturelle Bildung, hinter dem die Mercator-, die
Bertelsmann- und fünf weitere Stiftungen stehen, weist zudem auf die
horrenden Bürokratie-Kosten des Teilhabepakets hin: Das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales habe festgestellt, dass zu
den Kosten der Behörden von 14,7 Millionen Euro noch weitere 11
Millionen auf Seiten von Musikschulen und Vereinen kommen. Diesen
25,7 Millionen Verwaltungskosten monatlich stehen im gleichen
Zeitraum gerade einmal 28,7 Millionen Euro gegenüber, die bei den
Kindern ankommen.
Dabei gibt es vereinzelt bereits Ansätze zu Verbesserungen: Die
Städte Hamm und Münster sowie der Kreis Steinfurt haben Chip-Karten
eingeführt, mit denen die Kinder Nachhilfe-, Kultur- und
Sportangebote unbürokratisch wahrnehmen können - hier werde das
bereitstehende Geld zu etwa 50 Prozent genutzt, so der Rat für
Kulturelle Bildung; dem stünden andernorts Quoten von gerade mal vier
bis fünf Prozent gegenüber.
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