(firmenpresse) - Düsseldorf/München - Deutschland fällt in der Marktdurchdringung mit Breitbandzugängen zum Internet immer weiter im internationalen Vergleich zurück. Das ist nicht neu, wird von Experten und Marktinsidern schon seit ein bis zwei Jahren als ein Resultat des mangelnden Wettbewerbs in Deutschland kritisiert, aber es bedurfte einer Studie von Mercer Management Consulting http://www.mercermc.com und einer Initiative des Branchenverbandes Bitkom http://www.bitkom.de mit Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement als Zugpferd, die nun auch in grösserer Runde diesen Zustand beklagt. Angesichts der Gefahr, dass Deutschland informationstechnisch zu den eher rückständigen Ländern Europas absackt, findet der erklärte Internet-Nichtbenutzer Clement mahnende Worte, um aber gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass der Staat selbst keine Infrastrukturmassnahmen ergreifen werde, sondern nur die Rahmenbedingungen verbessern könne. Paradoxerweise ist es aber gerade das Bundeswirtschaftsministerium, das als Dienstherr der Regulierungsbehörde RegTP http://www.regtp.de für die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation verantwortlich ist.
"Wenn die Breitbandpenetration in Deutschland heute mit 16 Prozent deutlich unter Frankreich mit 22 Prozent, Belgien mit 32 Prozent und der Niederlande mit 41 Prozent liegt, und das bei einem durchaus günstigen Preisniveau im europäischen Vergleich, so stimmen einfach Angebot, Vermarktung und Bereitstellung nicht. Diese Situation in Deutschland ist auch das Ergebnis eines von einem übermächtigen Anbieter beherrschten Marktes, in dessen Schatten kleine Wettbewerber schwerlich existieren können", resümiert der Branchenexperte Omar Khorshed, Vorstandsvorsitzender der Düsseldorfer acoreus AG http://www.acoreus.de. "Gelingt es nicht, diese Lücke in der Breitbandversorgung in den nächsten Jahren zu schliessen, verliert Deutschland zunehmend den Anschluss im internationalen Innovationswettbewerb und verschenkt dadurch volkswirtschaftliche Wachstumsmöglichkeiten", umreisst Wolfgang Bock von Mercer die Konsequenzen der vergleichsweise schwachen Breitbandpenetration.
Stein des Anstosses ist die marktbeherrschende Stellung der Deutschen Telekom bei der Festnetztechnik DSL. Die Aktien des früheren Staatsmonopolisten sind zu über 30 Prozent immer noch im Besitz des Bundes und damit zu den Assets des Bundeswirtschaftsministeriums gehörend, woher eine enorme Abhängigkeit der Anwender von Kapazitäten und Roll-out-Plänen der Telekom resultiert. Mit einem in der Anfangsphase aggressiven Marktstart und günstigen Konditionen für Privatkunden, die jede Investition der Wettbewerber in Alternativ-Technologien sinnlos werden liessen, hatte sich die Telekom schon Anfang des Jahrzehnts den Markt gekauft. Und nun, mit rund 90 Prozent Marktanteil bei der DSL-Infrastruktur, geht der weitere Ausbau der Breitbandversorgung so weiter, wie es der Telekom in den Plan und das Budget passt. Die noch vor fünf Jahren propagierten Alternativtechnologien Digitales Kabelfernsehen und Digital Powerline (Daten über die Stromversorgung) spielen in Deutschland nur eine verschwindend geringe Rolle, und alternative Infrastruktur für DSL ist ebenfalls selten. Die Wettbewerber der Telekom beschränken sich darauf, die Kupferleitungen der Telekom als entbündelte Vorleistung einzukaufen und zu "veredeln", oder sie sind Reseller der DSL-Anschluss der Telekom mit dem derzeit aktuellen Phänomen, dass hunderttausende von Bestellungen des Reseller-Produktes bei Telekom teilweise seit Monaten in der Bearbeitungsschleife hängen.
Leider sieht es auch bei neuen Technologien als Ergänzung oder Wettbewerb zu DSL nicht gerade wettbewerbsfreundlich aus. WLAN als öffentliches Internetzugangsprodukt ist auf Grund der geringen Reichweiten auf eine ausgebaute DSL-Infrastruktur zur Anbindung der WLAN-Hotspots angewiesen. Und darüber hinaus ist die Telekom längst dabei, mit über 10.000 geplanten WLAN-Hotspots in Deutschland zum grössten Service-Anbieter für Public WLAN zu werden. In den nächsten 24 Monaten wird sich mit WiMAX (802.16) zwar eine neue und sehr leistungsfähige Technologie für drahtlose Breitbandzugänge grösserer Reichweiten anbieten und somit die Abhängigkeit von der DSL-Infrastruktur reduzieren, aber ironischerweise hinkt auch hier Deutschland unter Federführung der Regulierungsbehörde im internationalen Vergleich hinterher: Während in Österreich etwa die Lizenzen mit den erforderlichen Frequenzbändern bereits vergeben wurden, ist die Regulierungsbehörde in Bonn noch damit beschäftigt, eine Anhörung der Marktteilnehmer zu WiMAX zu planen, in deren Folge dann die erforderlichen Frequenzbänder im 3,5 MHz-Bereich neu sortiert werden sollen. Diese sind nämlich in Deutschland durch alte Lizenzen einer kommerziell weitgehend gefloppten Technik blockiert: dem Point-to-Multipoint Richtfunk. "Der Wettbewerb hat die Kritik an einer Regulierungspolitik, die entgegen ihrem Auftrag immer wieder im Ergebnis den Marktführer Telekom schützt und stabilisiert, in den letzten Jahren oft bekräftigt. Aber wie auch der jährliche Marktreport von RegTP zeigt, hat man bisher von offizieller Seite immer wieder dargestellt, dass die Wettbewerbsziele für den deutschen Telekommunikationsmarkt grundsätzlich erreicht seien. Gehör haben wir in der Politik mit unserer Kritik nicht gefunden. Interessant ist nun, dass die Politik jetzt plötzlich geradezu schlagartig feststellt, dass die Marktsituation nicht in Ordnung ist. Aber das ist vor allem das Ergebnis der offiziellen Regulierungspolitik der letzten Jahre", so Khorsheds Feststellung.
In der Folge der schwachen Breitbanddurchdringungen haben es auch neue Dienste wie Audio- und Video-Download und das derzeit überall erwähnte Triple-Play, also Telefonie, Internet und TV auf einem Anschluss schwer, im Markt kommerziell erfolgreich zu sein. Zwar stände mit dem neuen UMTS-Standard High Speed Download Packet Access (HSDPA) auch eine Breitbandübertragung auf Basis des Mobilfunks bereit, die DSL-Versorgung zu ergänzen, aber entscheidend ist hier eher die Kostenseite. "UMTS war nicht nur als Lizenz extrem teuer, auch die Netze sind aufwändig und kostspielig. Ob da der Anwender höhere Preise für UMTS-Breitbandübertragung als für DSL oder WLAN bezahlen wird, halte ich persönlich für sehr fraglich. Für stationäre oder quasi-stationäre drahtlose Breitbandanschlüsse ist der Aufwand über 3G-Netze eigentlich zu gross. Hier sind die 802.11 und 802.16 Standards, also WLAN und WiMAX, eher eine kostengünstige Alternative zu DSL. Aber bevor nicht eine kritische Masse im Markt erreicht ist und der drahtlose Breitbandzugang für die Anwender eine Alltagsanwendung geworden ist, werden sich neue, kommerziell erfolgreiche Angebote von Inhalten schwer tun. Und dieses Resultat wird sich auch gesamtwirtschaftlich auswirken, genau davor warnt die Mercer-Studie. Entgegen den vollmundigen Betonungen der Politik über die Bedeutung der ITK-Branche für die Wirtschaft sehen wir viel zu wenig aktive Umsetzung", so Khorshed.