(ots) - Es trifft sich, dass die Bundesanwaltschaft wenige
Tage vor der NRW-Wahl ungewöhnliche Ermittlungen gegen einen
Schweizer Agenten vorantreibt. Die Hinweise auf einen Spion in der
Finanzverwaltung leuchten noch einmal vortrefflich den Kampf
Nordrhein-Westfalens gegen betuchte Steuersünder und die unselige
Tradition von Schwarzgeld-Depots im Nachbarland aus. Dass sich vom
Kanzlerkandidaten Schulz bis hin zum Landtagsfraktionschef jeder
prominente Sozialdemokrat umgehend mit Empörung zu Wort meldete,
zeigt die hohe symbolische Bedeutung des Vorgangs.
Für NRW-Finanzminister Walter-Borjans kommt das gute Timing der
Spionage-Ermittlungen als Glück des Tüchtigen daher. Früher als
andere hatte er die moralische Dimension der Jagd auf Steuersünder
erkannt. Er sperrte sich zunächst einsam gegen ein Weißwasch-Abkommen
mit der Schweiz, ermunterte seine Fahnder zum halblegalen Handel mit
geklauten Daten-CDs und trieb damit als Schwarzgeld-Schreck
Milliarden für den Fiskus ein. Walter-Borjans als "Robin Hood".
Der freilich noch nicht enttarnte Spion in der
NRW-Finanzverwaltung wäre der letzte schlagende Beweis, dass dem
Finanzplatz Schweiz der rauere Wind aus Düsseldorf überhaupt nicht
gut bekommen ist. Das Geschäftsmodell vieler Großbanken bestand eben
viel zu lange darin, Betuchten aus Deutschland Beihilfe beim
Verstecken unversteuerter Vermögen zu leisten.
Dass die Schweiz 2014 endlich ein Abkommen zum internationalen
Austausch von Bankkunden-Informationen unterschrieb, aber womöglich
noch 2015 eine Quelle in der NRW-Finanzverwaltung anzapfen wollte,
ließe an einer echten Kurswende in Bern zweifeln. Für das
deutsch-schweizerische Verhältnis, das normalerweise auch von einem
engen Geheimdienst-Austausch geprägt ist, ist der Spionagefall schon
jetzt zur ernsten Belastung geworden.
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