PresseKat - Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu US-Präsident Trump

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu US-Präsident Trump

ID: 1488076

(ots) - Ginge es nach den Wünschen vieler Europäer, vor
allem vieler Deutscher, dann wäre der Spuk bald vorbei. Donald Trump
scheitert krachend, verlässt beleidigt das Weiße Haus und versinkt in
der Geschichte der USA als Anekdote, die allenfalls für
Satiresendungen und wissenschaftliche Studien mannigfaltiger
Fachrichtungen taugt. Das Blöde daran: Das ist Wunschdenken. Mit der
Gesundheitsreform, oder besser: den trumpschen Versuchen, die
Gesundheitsreform seines Amtsvorgängers Obama zu revidieren, meinen
die Beobachter ein neues Ende Trumps zu erahnen. Es ist richtig: Die
Fakten sprechen dafür, dass ein Gelingen dieser neuen Reform in den
Sternen steht. Das Repräsentantenhaus hat das Gesetz knapp
abgesegnet, obwohl Trump dort eine relativ sichere Mehrheit hat. Und
dennoch sind viele von seiner Seite gewichen. Nun geht es aber in den
Senat, und dort ist die Mehrheit des Präsidenten geringer. Würde dort
das Gesetz verändert, müsste es wieder ins Repräsentantenhaus.
Ausgang ungewiss. Und wenn es das Haus verlässt, könnte von der jetzt
schon abgespeckten Version am Ende nicht viel übrig bleiben, was
Trump als echte Reform verkaufen kann. Dazu kommt erschwerend, dass
in eineinhalb Jahren das Repräsentantenhaus und ein Drittel des
Senats neu gewählt werden. Viele Republikaner werden Probleme haben,
ihren Wählern eine Reform zu verkaufen, die ihre Krankenversicherung
verteuern wird. Und die Demokraten dürften viele Unzufriedene
zurückgewinnen. Die Karten werden neu gemischt für Trump und seine
Politik, die bisher ohnehin nur aus Ankündigungen und gescheiterten
Vorhaben besteht. Trump braucht einen Erfolg, um sein Image zu
verbessern. Aber er braucht keinen Erfolg, um im Amt zu bleiben.
Dieser Präsident interessiert sich nicht für Ideale. Er interessiert
sich für gute Geschäfte. Er hat gute Deals für die Amerikaner




versprochen. Das sagt einer, der mehrfach die Erfahrung gemacht hat,
dass Deals auch scheitern können und am Ende die Pleite steht. Nur
ist Trump deswegen nicht in Sack und Asche gewandert und nicht
obdachlos geworden. Ähnlich dürfte er auch agieren, wenn es mit
seiner Politik nicht klappt. Abgesehen davon ist ein vielleicht eines
Tages gescheitertes Gesundheitspaket kein Grund für einen
US-Präsidenten, sein Amt zur Disposition zu stellen. Siehe Obama: Der
Widerstand gegen seine Reform war ungeheuerlich. Am Ende wurde sie
Realität und er zum zweiten Mal Präsident. Und einen Ethos für das
Amt wie Obama lässt Trump völlig vermissen. Wo sein Vorgänger
vielleicht persönliche Konsequenzen gezogen hätte, wird Trump seinen
Frust bei einer Runde Golf ablassen. Dieser Präsident wird seinem
Land und der Welt noch eine Weile erhalten bleiben. Zumal es einen
nicht geringen Teil der Amerikaner gibt, die ihm trotz (oder wegen)
aller Wortblasenpolitik und Lenkraketen-Feuerwerksbildern die Stange
halten. Es ist gerade bei dem Angriff auf Syrien übrigens eine Frage
wert, warum Assads Verbündeter Russland nicht eingegriffen hat. Es
wäre ein Leichtes gewesen, die Raketen abzufangen. Ein Schelm, wer an
eine mit Putin abgesprochene Aktion denkt, mit der Trump sein Image
aufpolieren durfte. Trump wird bleiben. Ein Amtsenthebungsverfahren
ist langwierig, vielleicht dauert es länger als die erste Amtszeit.
Denn noch gibt es keinen, der es ernsthaft einleiten sollte. Mit
welchem Vorwurf auch? Es gäbe da zwar einen: Trumps ungeklärtes
Verhältnis zu Russland und dessen Einfluss auf seine Wahl. Doch auch
dieses ernsthaft besorgniserregende Thema ist von Trumps Gegnern noch
nicht mit der Härte verfolgt worden, die es für den Vorwurf des
Verrats bräuchte. Nichts anderes wäre es, wäre Trump mithilfe Putins
ins Amt gekommen. Wir werden Trump ertragen müssen - so schwer es
sein wird. Wir werden hinnehmen müssen, dass er versucht, sein Land
nachhaltig zum Schlechteren zu verändern. Den Abbau des Staates, für
den auch Trumps verkorkster Gesundheitsreformversuch steht, wird er
massiv weiter vorantreiben. Amerika wird danach lange brauchen, um
sich vom Desaster der Trump-Jahre zu erholen.



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Datum: 05.05.2017 - 20:49 Uhr
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