(ots) - Es mag ein bloßer Zufall sein, oder eine böse
Ironie. In jedem Fall liefert der Besuch des russischen
Außenministers Sergej Lavrov im "Oval Office" am Morgen nach dem
überraschenden Rauswurf von FBI-Direktor James Comey den passenden
Kontext. Da wundert es wenig, dass Donald Trump das Pressecorps des
Weißen Hauses nicht dabei haben wollte. Die als "Volksfeinde"
denunzierten Reporter könnten ein paar unangenehme Fragen stellen.
Musste Comey gehen, weil er zu viel über die Schützenhilfe aus Moskau
im Wahlkampf wusste? Versucht der Präsident die Ermittlungen zu
behindern, indem er die Straf-Ermittlungs-Behörden enthauptet?
Besteht ein Zusammenhang zu den Vorladungen einer Grand Jury in
Virginia, die gegen Trumps zum Rücktritt gezwungenen Nationalen
Sicherheitsberater Michael Flynn und andere ermittelt? Ein Schelm,
wer Böses dabei denkt. Die Russland-Affäre stinkt zum Himmel. Und
Trump steht das Wasser bis zum Hals. Wenige Tage vor seinem Rauswurf
forderte FBI-Chef Comey beim Justizministerium zusätzliches Personal
und Ressourcen für die Ermittlungen gegen Mitglieder des
Wahlkampf-Teams an. Im Visier der Ermittler finden sich die engsten
Vertrauten Trumps wieder. Paul Manafort half ihm als Wahlkampfmanager
im Vorwahlkampf die Nominierung als Präsidentschaftskandidat zu
sichern. In der Vergangenheit stand Manafort bei dem russischen
Statthalter in der Ukraine über Jahre auf der Gehaltsliste. Auf dem
Krönungsparteitag sorgte der mutmaßliche Putin-Helfer für ein
Russland-freundliches Parteiprogramm der Republikaner. Trumps
außenpolitischer Berater im Wahlkampf, Carter Page, steht in Verdacht
seine Geschäftskontakte zu Moskau für Kurierdienste genutzt zu haben;
darunter politische Rückversicherungen für die Zeit nach einem
möglichen Wahlsieg. Roger Stone war Trumps Mann fürs Grobe. Er gab
bereits zu, mit Wikileaks in Kontakt gewesen zu sein. Die Hinweise
verdichten sich, dass Stone das Timing der Veröffentlichung der von
Russland gehackten Clinton-Emails mit der diskreditierten Platform
koordiniert haben könnte. Schließlich sind da noch die Aktivitäten
der russischen Alpha-Bank, die mit Rechnern im Trump-Tower
kommuniziert haben sollen. Viele vermuten, dass hier russische
Geheimdienst-Informationen gewaschen wurden. Der im stillen
Kämmerlein vorbereitete Dienstag-Coup markiert in jedem Fall den
Anfang eines Endes. Entweder des unabhängigen Rechtsstaats in den USA
oder des unberechenbaren Präsidenten. Dabei drängen sich Parallelen
zur Watergate-Affäre Richard Nixons in den 70er Jahren geradewegs
auf. Während dessen Schergen damals physisch in die Parteizentrale
der Demokraten einbrachen, verschafften sich diesmal die Hacker einer
gegnerischen Macht Zutritt via Internet. Nixon feuerte den
Sonderermittler, der ihm auf den Fersen war, während Trump die
Strafverfolgungsbehörden dezimiert. Weil sie dem Präsidenten
gefährlich werden konnten, mussten vor Comey mussten bereits die
Ãœbergangs-Justizministerin Sally Yates und der New Yorker
Generalanwalt Preet Bharara gehen. Wenn Trump damit durchkommt, steht
es schlecht um die Zukunft der Unabhängigkeit der Justiz in den USA.
Es liegt nun an den Republikanern im Kongress, für die Einsetzung
eines unabhängigen Sonderermittlers zu sorgen, der Licht in das
Dunkel der Russland-Affäre bringt. Sollte dies das Ergebnis des
"Dienstagnachmittag"-Coups sein, hätte sich Trump einen Bärendienst
erwiesen. Andernfalls droht eine Verfassungskrise, die das Potential
hat, Watergate in den Schatten zu stellen.
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