(ots) - Auch wenn die Insel oft anders tickt als das
europäische Festland, so gibt es doch einige Lehren, die sich aus dem
Ergebnis der Wahlen in Großbritannien auch für den deutschen
Wahlkampf ziehen lassen. Die wichtigste: Wer sich zu sicher fühlt,
hat schon verloren. Angela Merkel, die nicht die Führerin der freien
Welt sein will, es aber in Wahrheit ist, und die ihren momentanen
Höhenflug in den Umfragen wohl auch dieser herausgehobenen Rolle
verdankt, hat den Wahlsieg noch lange nicht in der Tasche. Das
Schicksal von Theresa May sollte Merkel eine Warnung sein: Wer sich
zu sehr entkoppelt von den sozialen Bedürfnissen der Bürger, wer
keine überzeugende Vorstellung von dem vermittelt, was er mit der
wiedergewonnen Macht tatsächlich anfangen will, der wird dann doch
bestraft. Merkel und die Union müssen aufpassen. Ein
Ein-Themen-Wahlkampf rund um die innere Sicherheit ist zu wenig. Und
irgendwann wird auch die Kanzlerin endlich wieder in die Mühen der
Innenpolitik eintreten müssen, denn nur mit internationaler
Gipfeldiplomatie und schönen Bildern gewinnt man keine Wahlen.
Obendrein versetzt das auch die eigene Anhängerschaft nicht
nachhaltig in Euphorie. Für Martin Schulz gilt: Er kann etwas
Hoffnung schöpfen, dass ihm vielleicht noch die Trendwende gelingt.
So wie sie Labour gelungen ist, dem britischen Pendant zur SPD. Die
soziale Frage hat in Großbritannien viele Wähler offenbar deutlich
stärker umgetrieben als die Sicherheitsdebatte nach den
Terroranschlägen. Vor allem junge Menschen haben für Labour gestimmt,
die sich auch schon gegen den Brexit ausgesprochen hatten. Mit
Gerechtigkeit kann man also aufholen und mobilisieren, das ist das
Signal für Schulz aus Großbritannien. Aber nur, wenn man das Thema
breiter anlegt als es der Genosse bisher getan hat - und die
Sozialdemokraten weniger Fehler machen.
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