(ots) - Sachsen-Anhalts Justizstaatssekretär Hubert Böning
(CDU) soll gegen die richterliche Unabhängigkeit verstoßen haben.
Nach Informationen der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung
(Sonnabendausgabe) wurde gegen ihn eine Dienstaufsichtsbeschwerde
eingereicht. Der 57-jährige politische Spitzenbeamte steht demnach
unter Verdacht, bei einer Richterin ein schnelles und eindeutiges
Urteil verlangt zu haben.
Konkret wird Böning nach Informationen der Zeitung vorgeworfen,
Ende Mai eine Richterin des Landgerichts Magdeburg angerufen und -
am Ende vergeblich - die Vorverlegung einer Berufungsverhandlung
verlangt zu haben. Der frühere Richter und Oberstaatsanwalt soll das
damit begründet haben, dass der Angeklagte "ein schlimmer Finger" sei
und schnell hinter Gitter müsse. Sollte der Vorwurf stimmen, dann
hätte Böning ein schnelles Urteil zu Ungunsten des Angeklagten
verlangt. Die Beschwerde hat nach MZ-Informationen der Richterrat -
ein Gremium aus fünf Richtern, ähnlich einem Betriebsrat - bei der
Justizministerin eingereicht mit der Bitte, einen Verstoß gegen die
Richterliche Unabhängigkeit zu prüfen.
Bei dem Angeklagten in besagtem Verfahren handelt es sich laut
Zeitung um Paul G., der aktuell vom Amtsgericht Quedlinburg zu einer
Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung verurteilt wurde. Dagegen hat
er Berufung eingelegt. Der 28-Jährige soll eine Elfjährige in
Quedlinburg überfallen und leicht verletzt haben. G. hatte 2008
ebenfalls in Quedlinburg eine junge Frau vergewaltigt und mit 20
Messerstichen schwer verletzt. Er wurde nach mehrjähriger
Jugendstrafe im Mai 2016 entlassen. G. ist Spross einer gewalttätigen
Familie: Sein Bruder verbüßt eine lebenslange Haft. Er hatte seinen
Vater erschossen, die Stiefmutter erschlagen und seinen Stiefbruder
durch einen Kopfschuss schwer verletzt.
Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) äußerte sich auf
Nachfrage der Zeitung nicht zu den Vorwürfen. "Ich bestätige den
Eingang einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Staatssekretär",
sagte ihr Sprecher Detlef Thiel dem Blatt. Die Ministerin äußere sich
aber nicht zu laufenden Vorgängen, "die sich gegen Personal ihres
Hauses oder des Geschäftsbereichs richten".
Im Landtag wird Keding sich äußern müssen. "Wenn hier versucht
wurde, in die Richterliche Unabhängigkeit einzugreifen, ist das
völlig indiskutabel in einem Rechtsstaat. Dann muss es politische
Konsequenzen geben", sagte Linken-Justizexpertin Eva von Angern der
Zeitung. Die Ministerin müsse zügig für Aufklärung sorgen.
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