(ots) - Umfangreiche Minderheitenrechte gehören zum Wesen
der parlamentarischen Demokratie. Damit die Opposition nicht von der
Regierungsmehrheit erdrückt wird, damit sie schlagkräftig
dagegenhalten kann. Dafür zu kämpfen, ist gerade angesichts einer
übermächtigen Großen Koalition im jetzigen Bundestag notwendig
gewesen. Doch die Grünen haben es mit ihrer Klage in Karlsruhe zur
"Ehe für alle" übertrieben. Der Antrag, das Parlament zu einer
Abstimmung zu zwingen, sei unbegründet, es gebe keine willkürliche
Verschleppung, so die Richter. Deftiger kann eine Ohrfeige vom
Verfassungsgericht nicht ausfallen. Unabhängig davon, wie man zur
"Ehe für alle" steht, so muss doch gelten: Wer politische Projekte
nicht in seinem Sinne durchsetzen kann, der sollte nicht aus Frust
und Verärgerung versuchen, krampfhaft einen Erfolg richterlich
herbeizuführen. Das ist der völlig falsche Weg. Wer ihn trotzdem
geht, offenbart eine gewisse politische Wehleidigkeit. Von der
scheinen die Grünen jedenfalls in diesem Fall erfasst worden zu sein.
Dabei wissen auch sie, dass es zum täglichen Geschäft im Bundestag
gehört, dass Mehrheiten Vorhaben ablehnen oder auf den Weg bringen,
einmal oder mehrmals. Und sei es nur aus Rücksicht auf die eigene
Koalition. Bei der "Ehe für alle" kann vor allem die SPD ein Lied
davon singen. Denn nicht nur die Opposition und der Bundesrat haben
sich mehrfach für die Einführung stark gemacht, die Genossen sind mit
der Forderung sogar in den Wahlkampf 2013 gezogen. Doch dann hat den
Sozialdemokraten der Mut gefehlt, sich mit ihrem Partner Union
anzulegen. Das ist die Wunde, in die die Grünen in den nächsten
Wochen den Finger legen müssen. In der politischen Auseinandersetzung
- und nicht in Karlsruhe.
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