(ots) - Nordrhein-Westfalen hat einen neuen
Ministerpräsidenten: Armin Laschet bekam gestern bei der Wahl 100
Stimmen und erreichte damit exakt die Zahl der Sitze, über die die
neue Regierungskoalition von Union und FDP im Parlament verfügt. Dies
ist ein guter Auftakt für Laschet, dessen politischer Traum in
Erfüllung geht. Während des Wahlkampfs glaubte kaum jemand daran,
dass er es schaffen und sich gegen die vermeintlich übermächtige
Hannelore Kraft durchsetzen kann.
Jetzt ist er am Ziel und sollte diesen Augenblick genießen - zumal
ihm dafür nicht viel Zeit bleibt. Sehr schnell werden die Mühen der
Ebene den Zauber des Neuanfangs verdrängen. CDU und FDP haben sich
durch ihre klaren Ansagen im Wahlkampf unter Druck gesetzt. Die
Erwartungshaltung der Menschen zu den zentralen Politikfeldern ist
riesig. Die innere Sicherheit soll gestärkt und die
Verkehrsinfrastruktur verbessert werden. Die Wirtschaft soll durch
Entbürokratisierung und eine flexiblere Standortpolitik neuen Schwung
bekommen. Außerdem stehen in der Schulpolitik der Wechsel von G8 zu
G9, der Abbau von Unterrichtsausfall sowie die Inklusion auf der
Erledigen-Liste. Alles Aufgaben, die fundamental und nicht nebenbei
zu bewältigen sind.
Ruhig und effizient haben CDU und FDP in den vergangenen Wochen
ihre Koalition gezimmert. Doch, und das wissen Christdemokraten wie
Liberale, so herausfordernd die Aufgaben, so flüchtig ist die
Loyalität der Menschen in NRW gegenüber dieser Konstellation. Die
Geduld ist endlich und könnte schon nach einigen Monaten umschlagen,
wenn der Start nicht überzeugend gelingt. Hinzu kommt die knappe
Ein-Stimmen-Mehrheit. Schwarz-Gelb braucht also schnelle Erfolge.
Zumal diese Koalition unter einem doppelten Druck steht. Denn der
Start in Düsseldorf fällt in den beginnenden Bundestagswahlkampf, was
sich gestern im Streit um die "Ehe für alle" schon deutlich zeigte.
Die Große Koalition in Berlin ist zum Zerreißen gespannt. Martin
Schulz hat am Wochenende beim Dortmunder Parteitag zur Attacke
geblasen und damit den Kampf ums Kanzleramt begonnen. Das
gegenseitige Vertrauen ist weg, das gemeinsame Regieren wird
eingestellt.
Armin Laschet, in der Flüchtlingskrise Merkels loyalster Mann und
jetzt Ministerpräsident des für die Wahl im Herbst wichtigsten
Bundeslandes, wird sich dem Wahlkampf-Schlamm kaum entziehen können.
Und auch FDP-Chef Christian Lindner hat massive Berlin-Interessen.
Dass Düsseldorf nur eine Zwischenstation ist, hat er von vornherein
kommuniziert. In dieser Gemengelage können kleinste Fehler oder
falsche Zwischentöne schon zur Krise in Düsseldorf führen.
Andererseits, und das ist die große Chance, kann eine solche
Konstellation sehr disziplinierend wirken. Wenn Schwarz-Gelb in NRW
liefert, würden Kanzlerin Merkel und Christian Lindner im September
profitieren.
Welche Rolle die NRW-Opposition in den nächsten Monaten spielen
kann, ist derzeit noch nicht abzusehen. Der Frust bei SPD und Grünen
sitzt weiterhin sehr tief, zumal der Mut zu einem wirklichen
personellen und inhaltlichen Neuanfang in beiden Parteien fehlte. Und
die AfD ist dermaßen zerstritten und in Machtkämpfen mit sich selbst
beschäftigt, dass von ihr keine Gefahr für die neue Landesregierung
ausgeht. Einiges spricht also dafür, dass Schwarz-Gelb einen guten
Start hinlegen kann. Allerdings hat es die Landesregierung nicht
allein in der Hand. Denn klar ist: Bis zur Wahl im September regiert
Berlin in NRW mit.
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