(ots) - Die Erwartung, dass der Hamburger G20-Gipfel einen
Beitrag dazu leisten werde, die Probleme der Welt zu lösen, ist naiv.
Nein, das wird er nicht. Diese 20 haben wenig gemeinsam, schon gar
nicht die Absicht, unter Zurückstellung eigener Interessen etwas für
die Menschheit zu tun. 2008 schien das für einen Moment anders, aber
da ging es um die eigenen Finanzindustrien. Beim Rest - Klima,
Unterentwicklung, Kriege - ist der Problemdruck nicht groß genug für
wirkliche Kollektivität. Noch nicht. Trotzdem müsste man die
G20-Treffen erfinden, wenn es sie nicht schon gäbe. Denn es ist ja
nicht nur diese zweitägige Showveranstaltung mit Protz-Präsidenten in
Protz-Limousinen. Ihr geht ein intensiver Dialog über fast ein ganzes
Jahr voraus, der viele Regierungsebenen, Parlamentarier, Wirtschafts-
und Gewerkschaftsverbände sowie Nichtregierungsorganisationen
einschließt. Es ist wie ein ständig tagender UN-Weltsicherheitsrat
oder wie ein Dauer-Weltwirtschaftsforum in Davos. Nur dass das
G20-Format nicht begrenzt ist auf enge Themenkomplexe. Außerdem ist
dieses Forum gezwungen, jährlich einmal irgendwie ein gemeinsames
Papier zu verfassen, also einen Minimalkonsens zu finden. Es wäre
nicht gut, das alles, wie von Außenminister Sigmar Gabriel
vorgeschlagen, in New York, am UN-Sitz, zu institutionalisieren. Dort
würden die Treffen bald Routine werden, den Botschaftern überlassen -
und an Bedeutung verlieren. Fortschritte finden bei den G20 immer nur
millimeterweise statt und werden, siehe Klimaabkommen, dann von
irgendwelchen Hornochsen bald wieder eingerissen. Hamburg wird da
auch nicht besser sein, sondern eher schlechter. Aber wenn in diesem
Rahmen nicht geredet werden würde, würde überhaupt nirgendwo mehr
geredet werden über die Verantwortung der 20 größten
Volkswirtschaften für die Welt. Und diese Verantwortung haben sie, ob
als größte Ressourcenverbraucher, CO2-Emittenten, Waffenexporteure,
aber auch als größte Entwicklungshelfer. Außerdem geht es um direkte,
bilaterale Kontakte. Dass Donald Trump mit Wladimir Putin
zusammentrifft, vielleicht auch mit dem chinesischen Präsidenten, ist
diesmal wahrscheinlich wichtiger als alle Ergebnisse der
Arbeitssitzungen zusammen. Nicht zuletzt: In jedem Jahr bieten die
Treffen einen Blick auf die politische Reife der Welt. Und da sieht
man auf der einen Seite, dass es anno 2017 um die Vernunft der Führer
der großen Nationen schlechter bestellt ist als zuvor. Das
Potentatentum ist modern geworden mit Trump, Erdogan, Putin und Xi.
Ebenso die Konkurrenz der Nationen statt Partnerschaft. Die
ungehemmte Art des Wirtschaftens und des Umweltverbrauchs wird noch
weniger hinterfragt als früher. Auf der anderen Seite aber zeigen die
massiven Proteste, dass viele Menschen das nicht mehr hinnehmen
wollen. Die Bilder davon gehen auch um die Welt und sind, so lange
die Proteste friedlich bleiben, eine mindestens ebenso wichtige
Nachricht aus Hamburg wie das Gruppenfoto der Mächtigen.
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