(ots) - Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins "Report
Mainz" ermöglicht die geplante EU-Ökoverordnung Massenställe in der
Bio-Legehennenhaltung. Das geht aus einem vertraulichen
Verhandlungsprotokoll zur Reform der EU-Ökoverordnung hervor, das
"Report Mainz" vorliegt. Am 28. Juni hatten sich Vertreter des
EU-Parlaments, der Kommission und des Ministerrats auf einen
gemeinsamen Reform-Text geeinigt. Das EU-Parlament hatte gefordert,
dass pro Bio-Betrieb maximal 12.000 Legehennen gehalten werden
sollten. Außerdem sollte der Begriff "Hühnerstall" eindeutig
definiert werden. Das Dokument zeigt, wie diese Ziele im Zuge der
Verhandlungen aufgegeben wurden.
Zunächst enthielt die Verordnung folgende Definition des Begriffs
"Hühnerstall": "Poultry house means a covered, independent structure
fitted out in such a way as to protect the animals housed within it
from bad weather." Doch diese Formulierung wurde durchgestrichen. In
der aktuellen Fassung ist der Hühnerstall ein Gebäude, das
Hühnerherden beherbergt und in Stallabteile unterteilt werden kann.
Im Text heißt es: "poultry house means a building for accommodating
flocks of poultry, (...). The house may be subdivided into separate
compartments, each accommodating a single flock." Außerdem war
ursprünglich eine Begrenzung auf 12.000 Tiere pro Produktionseinheit
geplant: "the total number of laying hens shall not exceed 12 000
hens in organic or in coversion production unit." Doch auch dieser
Passus wurde gestrichen.
Berichterstatter des EU-Parlaments in diesen Verhandlungen ist der
Abgeordnete Martin Häusling (B'90/Die Grünen). Im Interview mit
"Report Mainz" erklärt er auf die Frage, ob sich die Agrarlobby
durchgesetzt habe: "Ich sage ganz klar, man muss auch benennen, wo
man sich nicht durchgesetzt hat. Hier sind wir am Ministerrat, das
heißt an denjenigen, die Agrarpolitik in den Mitgliedsländern machen,
gescheitert. Christian Schmidt hat sich ganz klar dafür ausgesprochen
- keine Obergrenze und keinerlei genauere Definitionen. Das ist sehr
bedauerlich." Weiter erklärt er: "Das hat etwas zu tun mit der
Kommerzialisierung des Biobereichs, wo tatsächlich Strukturen
eingerissen sind, wo Großbetriebe im Zusammenhang mit dem Großhandel
das Geschäft zunehmend bestimmen."
Auf Nachfrage von "Report Mainz" lässt
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt durch einen Sprecher
des Ministeriums mitteilen: "Mit der Revision der EU-Ökoverordnung
ist nicht geplant, die Kriterien bezogen auf das einzelne Tier zu
lockern. Entscheidend bei der Tierhaltung sind die Haltungskriterien,
nicht allein die Besatzgröße. Das steht dem Grundgedanken des
ökologischen Landbaus nicht entgegen."
Hintergrund:
Nach den aktuell gültigen EU-Verordnungen zur Haltung von
Legehennen dürfen in einem Stall maximal 3.000 Bio-Legehennen
gehalten werden. Doch diese Bestimmung wurde in den vergangenen
Jahren ausgehöhlt. Die Politik hat es zugelassen, dass mehrere Herden
mit 3.000 Bio-Legehennen in einem Gebäude gehalten wurden. So konnten
große Anlange mit bis zu 50.000 Bio-Tieren entstehen. Für den
niedersächsischen Landwirtschaftsminister Christian Meyer (B'90/Die
Grünen) ist das eine Fehlentwicklung. Er fordert eine Klarstellung in
einer reformierten EU-Ökoverordnung. Gegenüber "Report Mainz" sagt
er: "Also ich habe mehrfach auch die EU und den Bund aufgefordert,
dass man die Bioverordnung auf EU-Ebene so konkretisiert, dass man
Obergrenzen einzieht. Deshalb fordern wir, dass man EU-weit vorgibt,
dass man nur 3.000 Legehennen, Biolegehennen, pro Gebäude hält."
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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel. 06131 929
33351 oder -33352.
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