(ots) - Journalisten der Kieler Nachrichten, die in der
sogenannten Rocker-Affäre bei der Landespolizei Schleswig-Holstein
recherchieren, wurden offenbar in den vergangenen Wochen überwacht.
Das berichtet die Zeitung in ihrer Sonnabend-Ausgabe. Nach
entsprechenden Hinweisen aus zuverlässigen Polizeiquellen habe der
Verlag einen Spezialdienstleister mit Untersuchungen beauftragt:
Dabei habe ein Detektor zum Aufspüren von Peilsendern am Auto von
KN-Chefredakteur Christian Longardt angeschlagen; darüber hinaus sei
das private Mailkonto von Polizei-Reporter Bastian Modrow von
Unbekannten geknackt worden, schreibt das Blatt.
In der Affäre um unterdrückte Aussagen, Aktenmanipulation und
Abhörmaßnahmen gegen eigene Beamte der Soko Rocker im
Landeskriminalamt Kiel steht die Polizeiführung seit Wochen unter
erheblichem Druck - und versucht, undichte Stellen im Apparat zu
identifizieren. Beamten, die mit der Presse kommunizieren, drohen
Konsequenzen bis hin zu Strafverfahren wegen Geheimnisverrats. Immer
wieder hätten Polizei-Quellen die Kieler Nachrichten darauf
hingewiesen, dass wegen der Affäre mutmaßlich auch Journalisten der
KN überwacht würden, schreibt die Zeitung. Nachdem das Blatt am 14.
Juni entsprechende Fragen per Mail an die Pressestelle des
Innenministeriums geschickt hatte, schaltete der damalige
Innenminister Stefan Studt (SPD) einen Tag später die Justiz ein.
Seither soll die Staatsanwaltschaft Lübeck den Fragenkatalog "unter
allen denkbaren strafrechtlichen Aspekten" prüfen. Am Freitag hieß es
auf Anfrage der Zeitung, die Vorprüfung dauere an.
Nach den Hintergründen habe sich die Staatsanwaltschaft bei den KN
bisher aber nicht erkundigt, sagt Chefredakteur Longardt. Am 17. Juni
untersuchte den Angaben zufolge ein auf IT-Sicherheit spezialisierter
Dienstleister mit einem Messgerät Büroräume und Fahrzeuge des
Verlags. Dabei seien an Longardts Auto bei mehreren Messungen am
vorderen linken Radkasten Sendesignale einer Funkquelle festgestellt
worden. Ein Messfehler sei ausgeschlossen, erklärte die Spezialfirma.
In der Autowerkstatt sei der Sender einige Tage später aber nicht
gefunden worden, so die Zeitung. Ein beim Test gedrehtes Video, das
auf der Webseite www.kn-online.de verfügbar sei, hätten sich mehrere
mit Kriminaltechnik vertraute Polizeibeamte angesehen - und erklärt,
dass es sich um einen Frequenzbereich handele, auf dem Behörden mit
Peilsendern arbeiten, um Personen zu orten, berichten die KN.
Darüber hinaus habe Modrows Privat-PC Zugriffe durch unbekannte
Nutzer gemeldet: Am 18. Mai wurde demnach ein Mailkonto geknackt - zu
dem Zeitpunkt hatte die Zeitung erste brisante Polizei-Dokumente
veröffentlicht. Später Juni meldete der Computer den Angaben zufolge
einen unbekannten Nutzer im durch Passwort gesicherten privaten
Netzwerk.
Nach Auffälligkeiten bei Diensthandys würden auch diese Geräte
derzeit untersucht, teilten die Kieler Nachrichten mit. Ein Sprecher
des neuen Innenministers Hans-Joachim Grote (CDU) sagte der Zeitung,
man wisse nichts von einer Ãœberwachung von Journalisten.
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