PresseKat - Mittelbayerische Zeitung: Trump greift zum Knüppel / Eine bizarre Szene bei einer PR-Veranstaltung

Mittelbayerische Zeitung: Trump greift zum Knüppel / Eine bizarre Szene bei einer PR-Veranstaltung im Weißen Haus sagt alles über die Halbjahresbilanz des Präsidenten. Leitartikel von Karl Doemens

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(ots) - Im Weißen Haus herrschte eine Stimmung wie bei
der Leistungsschau eines Kaninchenzuchtvereins. Stolz präsentierte
ein Schmied aus Massachusetts seine Hufeisen. Ein paar Meter weiter
stapelten sich Krabbenreusen aus Maryland, und die Narragansett
Brewery aus Rhode Island pries ihr Bier an. "Made in America" lautete
das patriotische Motto der Veranstaltung am Montag. Vergnügt setzte
Donald Trump einen Cowboyhut aus Texas auf. Am besten aber gefiel ihm
ein Baseballschläger aus Louisiana. Glücklich lächelnd nahm der
amerikanische Präsident den hölzernen Knüppel in beide Hände und
deutete einen Schlag an. Die bizarre Szene wirkt wie ein Sinnbild von
Trumps Präsidentschaft. Ein halbes Jahr ist der Baulöwe und
Ex-Reality-TV-Star jetzt im Amt. Seither dominiert eine unfassbare
Mischung aus Peinlichkeit und Provinzialität den politischen Alltag
in Washington. Intellektuelle Brillanz und amerikanischer
Führungsanspruch sind einer nationalistisch eingefärbten Kultur des
Mittelmaßes gewichen. In diesem Milieu inszeniert sich Trump als
Rächer der Modernisierungsverlierer. Am liebsten holt er zum großen
Schlag aus - gegen das Obamas Erbe, die illegalen Einwanderer, die
unfairen Handelspartner oder die Medien. Das mag für eine
Reality-TV-Show reichen. Politik geht anders. So enden Trumps
Aufschläge - wie gerade der Versuch, die von ihm verteufelte
Krankenversicherung Obamacare zu reformieren - meist irgendwo in der
Luft. Eine nüchterne innenpolitische Zwischenbilanz fällt verheerend
aus. Selten dürfte es einen amerikanischen Regierungschef gegeben
haben, der so viel simuliert und so wenig umgesetzt hat. Stolz
brüstet sich Trump damit, eine Rekordzahl von Gesetzen unterzeichnet
zu haben. Doch der überwiegende Teil ist kleinteilig oder irrelevant.
So ernannte Trump drei Mitglieder für den Beirat des Smithsonian




Museums und gab einem Gerichtsgebäude in Nashville einen neuen Namen.
Sein Vorgänger Barack Obama brachte derweil ein
800-Milliarden-Dollar-Konjunkturpaket auf den Weg. Auf der Habenseite
reklamiert Trump vor allem die gute Konjunktur für sich. Es stimmt:
Die Aktienkurse bewegen sich auf Rekordniveau, und die
Arbeitslosigkeit in den USA ist niedrig. Doch der Beitrag des
Präsidenten besteht allenfalls darin, die Unternehmen nicht mit
Regularien zu belasten und die Fantasie der Anleger mit der vagen
Aussicht auf Steuersenkungen zu beflügeln. Von seinen großen
Versprechen im Wahlkampf indes hat Trump kein einziges umgesetzt: Bei
der Gesundheitsreform führen die Republikaner eindrucksvoll ihre
innere Zerstrittenheit und Regierungsunfähigkeit vor. Von dem großen
Infrastrukturprogramm ist nichts zu sehen. Die Steuerreform besteht
aus einer Ideenskizze auf einem einzigen Blatt Papier. Trump
gestaltet nicht. Er ist darauf fixiert, das Erbe Obamas zu zerstören.
Das zeigt sich bei der Krankenversicherung: Unfähig, ein praktikables
Gegenmodell zu entwickeln, konzentriert sich der Präsident wie ein
Anarcho darauf, das Obamacare-System mit dem Dreschflegel so weit zu
beschädigen, bis es kollabiert. Der Milliardär hat nie kapiert, dass
man ein Land nicht wie ein Immobilienimperium führen kann. Inhalte
interessieren ihn nicht. Er kämpft nicht um Mehrheiten. Seine einzige
Loyalität gilt ihm selbst. Also lassen ihn die republikanischen
Senatoren auflaufen, und die Demokraten sehen keinen Grund zur
Kompromissbereitschaft. Würde Trump einmal ehrlich in seinen
goldgeränderten Spiegel schauen, müsste er erschrecken: Er ist ein
Kaiser ohne Kleider. Dass ihn seine Anhänger trotzdem verehren, ist
kein Widerspruch: Der harte Kern seiner Basis hat längst den Glauben
verloren, dass die Regierenden in Washington etwas an der eigenen
Lebenssituation ändern könnten. Er wird von Politikverachtung und
Hass auf das System getrieben. Dafür bietet Trump die ideale
Projektionsfläche. Fatalerweise sitzt der Mann mit dem
Baseballschläger nun aber im Weißen Haus. "Sie sind gut in Schuss",
hat er der Frau des französischen Präsidenten Emmanuel Macron
chauvihaft bescheinigt. Für Trump gilt das sicher nicht. Er ist dem
Amt des amerikanischen Präsidenten fachlich, charakterlich und
intellektuell in keiner Weise gewachsen.



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Datum: 20.07.2017 - 20:00 Uhr
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