(ots) - Die Bundesregierung hat mit ihren Maßnahmen gegen
die Türkei endlich klar reagiert, aber dennoch nicht übermäßig stark
an der Eskalationsschraube gedreht. Auch wenn Ankara die Beschlüsse
jetzt als eine Art "Kriegserklärung" deutet und Präsident Erdogan
versuchen wird, daraus innenpolitisch Kapital zu schlagen. Doch weder
hat Berlin das Tischtuch endgültig zerschnitten, noch gar mit
gleicher Münze heimgezahlt. Schließlich lässt sich im deutschen
Rechtsstaat nicht willkürlich vorgehen, wie es die türkische Justiz
derzeit praktiziert. Deswegen war es auch richtig, auf den
Erpressungsversuch Erdogans nicht einzugehen. Ein Tauschhandel,
deutsche Gefangene gegen türkische Asylbewerber, hätte den Mann am
Bosporus in seinem kruden Vorgehen nur bestärkt. Für Deutschland kam
das auch nie infrage. Gleichzeitig hat die Regierung sich weitere
Optionen offengehalten - und andere Akteure wie Nato und EU ins Spiel
gebracht. Was klug und notwendig ist. Denn insbesondere die EU
verfügt über die Instrumente, die Erdogan empfindlich treffen würden.
Dazu gehört die Streichung der milliardenschweren
Vorbeitritts-Hilfen, Geld, das das Land dringend benötigt. Und als
letztes Mittel die Aufkündigung der Beitrittsgespräche. Das fordert
das EU-Parlament sowieso schon lange. Für all das bedarf es aber
europäischer Solidarität. Noch ist nicht klar, ob alle EU-Länder
bereit sind, notfalls diese Schritte mitzugehen. Es wäre wichtig,
damit Erdogan die Spannungen nicht als deutsch-türkischen Konflikt
einstufen kann oder gar zu einem persönlichen mit Angela Merkel. Das
ist er nicht. Dass die Bundesregierung die Sicherheitshinweise für
die Türkei nun verschärft, wird die ohnehin deutlich geringer
gewordene Neigung der Deutschen, in das Land zu reisen, noch einmal
reduzieren. Die Türkei lebt aber vom Tourismus. Auch die klare
Warnung an die Wirtschaft, nicht dort zu investieren, wo man als
Unternehmen ohne Grund zum Terrorverdächtigen wird, dürfte ihre
Wirkung nicht verfehlen. Schon jetzt bleiben investitionswillige
Firmen fern. Und die angedachte Deckelung der
Hermes-Exportbürgschaften wird die Kooperationsbereitschaft weiter
verschlechtern. Bleibt die Frage, ob das alles Erdogan zur Einsicht
bringt. Die Wahrscheinlichkeit ist gering. Leider.
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