(ots) - Schöne Bilder reichen nicht für eine erfolgreiche
Präsidentschaft. Das ist die Lektion, die Emmanuel Macron nach
zweieinhalb Monaten im Amt ziehen muss. Sorgsam hat sich der
französische Staatschef in Szene gesetzt: Im Schloss Versailles mit
Wladimir Putin, in Taormina mit Justin Trudeau, auf dem Eiffelturm
mit Donald Trump. Dazwischen im Atom-U-Boot oder auf dem Tennisplatz.
Alles zu sehen auf dem Facebook-Konto des Präsidenten. Sicher, der
39-Jährige gibt dabei den Eindruck eines jungen, dynamischen
Staatschefs ab. Eines Politikers, auf den die Franzosen stolz sein
können. Eines Präsidenten, der Frankreich wieder einen Platz auf der
Weltbühne verschafft hat. Doch reicht das? Auf Dauer sicher nicht.
Macron hat ein Land mit enormen Problemen übernommen. Es ist an der
Zeit, den Franzosen das auch zu sagen. Denn bisher verweigert sich
der Präsident seinen Landsleuten. Kein Fernsehinterview am
Nationalfeiertag. Stattdessen nur Fotos in den sozialen Netzwerken,
die einen Staatsmann in Aktion zeigen. Aber wohin die Aktion führen
soll, bleibt unklar. Macron wurde gewählt, weil er versprach, das
Land von Grund auf zu reformieren. Er ist mit dem Vorsatz angetreten,
alles anders zu machen als sein Vorgänger François Hollande. Klare
Ansagen vor der Wahl. Umsetzung direkt danach. Und der ehemalige
Wirtschaftsminister machte sich auch schnell ans Werk. Bei der
Arbeitsrechtsreform, dem Kernstück seiner Politik, gab es kein
Zaudern. Schon im September sollen die Verordnungen, mit denen er die
wichtigsten Maßnahmen durchsetzen will, im Kabinett sein. Auch sein
zweites Großprojekt, das Gesetz für mehr Moral in der Politik, wird
gerade in der Nationalversammlung debattiert. Doch nach nicht einmal
100 Tagen im Amt muss Macron erkennen, dass eine Präsidentschaft
nicht nach Plan abläuft. Ein Generalstabschef, der über
Haushaltskürzungen murrt, war im Drehbuch des Präsidenten nicht
vorgesehen. Ebenso wenig wie ein Haushaltsloch von
4,5ïEUR®Milliarden, das nun zu Einsparungen an allen Ecken und Enden
zwingt. Und so erinnert Macron dann doch an Hollande, den Bastler mit
dem Werkzeugkasten: Fünf Euro beim Wohngeld gekürzt, die allgemeine
Sozialsteuer nach oben geschraubt. Hollande schaffte es in fünf
Jahren nicht, den Franzosen sein Projekt zu erklären. Auch deshalb
war er zum Schluss so unbeliebt, dass er nicht wieder antrat. Macron
ist (noch) populär und er sollte diese Popularität auch nutzen. Denn
schon schließt sich eine Koalition der Unzufriedenen zusammen, die
von der Armee über die Kommunen bis zu den Gewerkschaften reicht.
Damit sie nicht das ganze Land erfasst, muss der Präsident das
machen, was in Frankreich "la pédagogie" genannt wird - mühsame
Erklärarbeit. Noch ist es für ihn nicht zu spät, seine Landsleute
mitzunehmen.
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