PresseKat - FZ: Diener der Schlawiner? Kommentar der Fuldaer Zeitung (Montagausgabe) zu Stephan Weil:

FZ: Diener der Schlawiner?
Kommentar der Fuldaer Zeitung (Montagausgabe) zu Stephan Weil:

ID: 1517875

(ots) - Regieren ist oft eine Gratwanderung zwischen
politischen und wirtschaftlichen Interessen. Vor allem dann, wenn der
Ministerpräsident eines Landes wie Niedersachsen auch im Aufsichtsrat
von Volkswagen sitzt, einem Unternehmen, das für das Land von
immenser Bedeutung ist. Stephan Weil, der gerade von landschaftlich
reizvollen Gratwanderungen in Südtirol zurückgekehrt ist, wurde
gleich von zwei gefährlichen Verwerfungen auf dem schmalen Weg seiner
politischen Karriere überrascht. Nachdem die Grünen-Abgeordnete Elke
Twesten mit ihrem Wechsel zur CDU Weils rot-grüne Einstimmen-Mehrheit
im Parlament gesprengt hat, kam der Vorwurf hinzu, der
Ministerpräsident habe sich wie ein Schulbub vom
Volkswagen-Cheflobbyisten seine Regierungserklärung "umschreiben und
weichspülen" lassen. Wenn der Regierungschef nicht spürt oder
zugetragen bekommt, dass eine Abgeordnete seiner Koalition mit ihrer
Loyalität auf der Kippe steht, wirft das kein gutes Bild auf die
Struktur der Koalition. Mit geeigneten Gesprächen wäre dieser Schritt
von Twesten kurz vor der Bundestagswahl vielleicht noch zu verhindern
gewesen. Viel schlimmer für Weils Image ist allerdings, dass er seine
Regierungserklärung Volkswagen vorgelegt und die korrigierte Version
veröffentlicht hat. Die Erklärung Weils, es sei nur um Rechts- und
Faktenfragen gegangen, ist unbewiesen und dürftig. Der studierte
Jurist war vor seinen politischen Ämtern Anwalt, Richter und
Staatsanwalt. Da sollten keine Rechtsfragen offen sein bei seiner
Erklärung zum VW-Skandal. Zumal es in der Regierung einschlägig
spezialisierte Justiziare gibt. Und wer im Aufsichtsrat von
Volkswagen sitzt, sollte auch die Fakten der Hintergründe des
Skandals kennen. Die Verstrickung der Ämter vermittelt aber den
Eindruck, dass Weil nicht nur ein Genosse der Bosse sondern auch ein
Diener der Schlawiner ist, als die sich diese im Skandal um die




kriminelle Software der Dieselfahrzeuge zu erkennen gegeben haben.
Wie auch immer, für Weil könnte es schwer werden, bei den wegen der
verlorenen Mehrheit im Parlament angesteuerten Neuwahlen als
SPD-Spitzenkandidat anzutreten. Im Bundestagswahlkampf kommt der SPD
das moralisch aufgeladene Thema höchst ungelegen, könnte es doch auch
im Rahmen der von Martin Schulz losgetretenen Gerechtigkeitskampagne
den Sozialdemokraten schaden.



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Fuldaer Zeitung
Volker Feuerstein
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Datum: 06.08.2017 - 21:32 Uhr
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