(ots) - Die im Dunklen sieht man nicht, heißt es in
Bertolt Brechts Dreigroschenoper. Nun ja, zumindest im Halbschatten
und weniger in der hellen Öffentlichkeit agieren derzeit Tausende
Lobbyisten rund um und zuweilen auch direkt im Berliner
Politikbetrieb. Weil ihr Wirken weitgehend diskret verläuft, gerät es
rasch in den Verdacht des Unerlaubten - und es ranken sich allerhand
Geschichten und Gerüchte um Lobbyisten. Beileibe nicht alle treffen
zu. Dass etwa Geldkoffer unter der Hand den Besitzer wechseln, für
bestimmte Gegenleistungen der Politik versteht sich, kommt eher in
Bananenrepublik oder in Politthrillern vor. Freilich: Ausnahmen
bestätigen diese Regel. Die Arbeit von Lobbyisten hierzulande ist
eher subtil, kleinteilig, wenig spektakulär. Das hat damit zu tun,
dass an politischen Entscheidungsprozessen viele Menschen,
Abgeordnete, Ministeriale, und viele Ebenen, Ministerien, Ausschüsse,
Expertenanhörungen beteiligt sind. Lobbyarbeit ist vor allem
Detailarbeit, an Gesetzen, Verordnungen, aber auch an der sogenannten
Kontaktpflege. Und Lobbyisten sind, was ihnen niemand vorwerfen kann,
Vertreter bestimmter Interessengruppen, Verbände, Firmen. Es gibt sie
von der Industrie, dem Handwerk, Gewerkschaften, Kirchen,
Sozialverbänden, Umweltschützern bis hin zu skurrilen Vereinen.
Nahezu alles, was bei der Politik Gehör finden will, ist in Berlin
vertreten. Diese Interessenvertreter umschwirren die Politik wie
Motten das Licht. Zum Problem wird dies allerdings nur, wenn Politik
diesen Einflüsterern erliegt. Dass Lobbyisten bestimmte Interessen
vertreten, ist legitim. Abgeordnete, Ministerien dürfen ihnen jedoch
nicht kritiklos folgen. Die Verantwortung für politische
Entscheidungen tragen nicht Lobbyisten, sondern immer die gewählten
Volksvertreter und Regierungen. Lobbyisten sind per se weder gut noch
böse. Sie sind vielmehr ein Teil des demokratischen Diskurses in
einer offenen Gesellschaft. Der Dieselskandal hat leider vor Augen
geführt, wohin unverantwortliche Lobbyarbeit und zu viel Nähe
zwischen Regierung und Konzernen führen kann. Wenn die Schreiben von
Lobbygruppen nahezu Eins zu Eins in Gesetze und Verordnungen
einfließen, ist eine rote Linie überschritten. Wenn sich
Ministerpräsidenten, wie Niedersachsens Stephan Weil, von Lobbyisten
Reden redigieren lassen - über das rein Fachliche hinaus -, dann ist
das ein Armutszeugnis der Politik. Dass die Lobbyisten der mächtigen
Autoindustrie nahezu ungehinderten Zugang zum Kanzleramt, zu
Verkehrsministerium, zu Abgeordneten haben, trägt zwar der
überragenden Bedeutung dieser Schlüsselbranche in Deutschland
Rechnung. Zugleich aber verhindert die fehlende Distanz die wirksame
Kontrolle. Wenn Gesetze und Verordnungen in Kungelrunden erst darauf
abgeklopft werden, ob sie den Konzernen auch nicht schaden, macht
sich die Politik zur Magd der Wirtschaft. Das kann auf Dauer nicht
gut gehen. Anders als in den USA oder etwa bei der EU in Brüssel gibt
es in Deutschland kein verbindliches Lobby-Register. Es existiert
lediglich eine Liste registrierter Verbände beim Bundestag, in die
man sich eintragen lassen kann - oder auch nicht. Das begünstigt
leider viel Wildwuchs. Neben auskunftsfreudigen Lobbyisten, die offen
ihre Auftraggeber und deren Interessen bekunden, gibt es leider auch
zwielichtige Agenturen, Kanzleien, Personen, die im Trüben fischen.
Leider hat die Große Koalition, und dabei vor allem die Union, mehr
Transparenz der großen Lobbyszene über ein entsprechendes neues
Gesetz verhindert. Der nächste Bundestag wird das hoffentlich ändern.
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