(ots) - Die deutsche Ordensfrau und Ärztin Dr.
Ruth Pfau ist heute um 00.30 Uhr (21.30 Uhr MESZ) im Alter von 87
Jahren in Pakistan gestorben. Am vergangenen Freitag kam die
Ehrenbotschafterin für die weltweite Lepra-Arbeit der DAHW nach einem
Schwächeanfall in die Aga-Khan-Klinik Karachi und ist friedlich
eingeschlafen.
Die DAHW Deutsche Lepra und Tuberkulosehilfe und die bei ihr in
Würzburg ansässige Ruth-Pfau-Stiftung trauern um Dr. Ruth Pfau.
Harald Meyer-Porzky, Vorstand der Ruth-Pfau-Stiftung: "Ruth Pfau hat
Hunderttausenden Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Ihr Tod
bedeutet für alle, die sie kannten, einen großen Verlust und
hinterlässt durch die enge Verbundenheit eine tiefe Trauer." Dr. Ruth
Pfau wird nach ihrem Wunsch in Karachi bestattet.
Seit 1961 arbeitete die DAHW eng mit Dr. Pfau zusammen, hat
gemeinsam mit ihr 1996 die Ruth-Pfau-Stiftung gegründet und
unterstützt bis heute maßgeblich das von ihr gegründete pakistanische
Hilfswerk Marie-Adelaide-Leprosy-Centre (MALC).
"Ruth Pfau wird als große Kämpferin für eine bessere Welt in
Erinnerung bleiben", sagt DAHW-Präsidentin Gudrun Freifrau von
Wiedersperg: "Zigtausenden von Lepra gezeichneten und aus der
Gesellschaft ausgegrenzten Menschen hat sie mit ihrer medizinischen
und sozialen Hilfe ein neues Leben geschenkt. Das ist ihr Vermächtnis
und zugleich unser Auftrag: Wir werden die Hilfe in ihrem Sinne
fortsetzen."
Mehr als 50.000 Menschen wurden in Pakistan dank Dr. Ruth Pfau von
Lepra geheilt. Dafür wurde sie nicht nur "Mutter der Leprakranken"
genannt, sondern 1979 auch zur Ehrenbürgerin und nationalen Beraterin
für Leprafragen im Rang einer Staatssekretärin ernannt. Für ihre
aufopfernde Arbeit, auch bei der Nothilfe nach Erdbeben oder
Flutkatastrophen, hatte sie zahlreiche Anerkennungen erfahren,
darunter den Marion-Dönhoff-Preis, den Klaus-Hemmerle-Preis, den
Albert-Schweizer-Preis, den Damian-Dutton-Award, den
Ramon-Magsaysay-Award, den pakistanischen Lifetime-Achievement-Award,
sowie den deutschen Fernsehpreis Bambi als "Stille Heldin". Bis zu
ihrem Tod setzte sie sich immer für Menschenrechte,
Völkerverständigung sowie die Achtung aller Religionen ein.
Fast 60 Jahre hatte sich die Ärztin kämpferisch für Kranke und
Ausgestoßene in Pakistan eingesetzt. Mit Unterstützung der DAHW baute
sie in den 1960er Jahren in Karachi mit dem MALC eine moderne
Spezialklinik auf. Daraus schuf sie in Pakistan ein flächendeckendes
und bis heute funktionierendes Netz von Lepra- und TB-Stationen. So
werden selbst in den entlegensten Dörfern am Hindukusch die
betroffenen Menschen mit den wichtigen Medikamenten versorgt.
Ruth Pfau wurde am 9. September 1929 in Leipzig geboren. Mit 20
Jahren siedelte sie nach Westdeutschland über, wo sie in Mainz und
Marburg Medizin studierte. Während ihrer Studienjahre war Ruth Pfau
getrieben von der Suche nach einer bestimmenden Kraft für ihr Leben.
Sie fand sie im christlichen Glauben.
Es war die Zeit des Wirtschaftswunders, des beginnenden Wohlstands
und Konsumrausches: Ruth Pfau wollte dem oberflächlichen Leben in der
jungen Bundesrepublik entfliehen und sich auf das Wesentliche
konzentrieren. 1953 ließ sie sich evangelisch taufen, konvertierte
später zum katholischen Glauben und trat 1957 dem Orden der "Töchter
vom Herzen Mariä" bei. Ihre Ewige Profess hatte sie erst vor wenigen
Wochen abgelegt - ganz im Sinne ihres Ordens, der seine Mitglieder
dazu erst zulässt, wenn diese keine beruflichen Verpflichtungen mehr
haben.
1960 sandte ihr Orden sie nach Asien. Eigentlich sollte sie als
Gynäkologin nach Indien gehen, doch weil es bei einem Zwischenhalt in
Karachi Probleme mit ihrem Visum gab, lernte sie diese Stadt kennen
und schreckte nicht davor zurück, auch die Armenviertel zu besuchen.
"Mein erster Besuch in der Leprakolonie von Karachi ist für mein
Leben sehr entscheidend gewesen", sagte Ruth Pfau einmal. Die junge
Ärztin war entsetzt, als sie 1960 zum ersten Mal das Lager der
Leprakranken in der pakistanischen Hafenstadt sah. Ausgestoßen und
zum Sterben verdammt, lagen unzählige ausgehungerte und von Lepra
entstellte Menschen auf den Straßen. "Der Mensch hat ein Recht auf
Würde und Glück. Er ist nicht dazu geboren, im Schmutz zu leben",
sagte die Ordensfrau und ging sofort an ihre Arbeit.
Ruth Pfau entschied spontan, bei diesen Menschen zu bleiben und
sagte später: "Dies ist der Platz, zu dem Gott mich geführt hat."
Ihre besondere Sorge galt den pakistanischen Frauen. In der
muslimischen Männer-Gesellschaft werden sie oft unterdrückt, wenn sie
an Lepra erkranken, droht ihnen ein unbarmherziges Schicksal. Die
Ordensfrau wusste zum Beispiel von einem erkrankten Mädchen zu
berichten, das von ihren Eltern eingemauert wurde. Die Familie
schämte sich für ihr Kind.
Um das Lebenswerk von Dr. Ruth Pfau langfristig zu sichern, hat
die DAHW 1996 gemeinsam mit ihr die Ruth-Pfau-Stiftung gegründet.
Deren Grundstockvermögen hat sich durch zahlreiche Zustiftungen von
500.000 DM bei der Gründung auf heute rund sechs Millionen Euro mehr
als verzwanzigfacht. Aus den Erträgen dieses Vermögens konnte die
Stiftung in 20 Jahren die Arbeit des MALC mit insgesamt mehr als zwei
Millionen Euro unterstützen.
Gemeinsam werden DAHW und Ruth-Pfau-Stiftung weiterhin alles
unternehmen, um die Arbeit und damit das Lebenswerk von Dr. Ruth Pfau
so weiterzuführen, wie sie es selbst aufgebaut und fast 60 Jahre
erfolgreich betrieben hat.
DAHW-Präsidentin Gudrun Freifrau von Wiedersperg und
DAHW-Geschäftsführer Burkard Kömm, sowie Harald Meyer-Porzky,
Vorstand der Ruth-Pfau-Stiftung, stehen gern für Interviews zur
Verfügung.
Mehr Informationen zum Leben und Wirken von Dr. Ruth Pfau sowie
Fotos, Footage und TV-Beiträge als Download: www.dahw.de/presse
Pressekontakt:
Jochen Hövekenmeier
Pressesprecher
DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V.
DAHW German Leprosy and Tuberculosis Relief Association
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