(ots) - Die Große Koalition war von Anfang an eine
reine Vernunftlösung, keine Liebesbeziehung. Die Regierungsbilanz der
vergangenen vier Jahre fällt entsprechend ernüchternd aus. Die Union
hat die Mütterrente durchgesetzt, die SPD den Mindestlohn und die
Rente mit 63 und die CSU kann die Pkw-Maut für sich verbuchen. Die
Mietpreisbremse gibt es zwar, aber gebracht hat sie nichts. Die
deutsche Wirtschaft steht dagegen gut da und wächst, die Exporte
florieren und die Arbeitslosenzahlen sind niedrig. Auch die
Steuereinnahmen des Staates sprudeln und die Union verweist stolz auf
die schwarze Null im Haushalt. Doch bei den Bürgern kommt davon wenig
an: Die Steuerlast ist unvermindert hoch und die Zinsen im Keller.
Große Würfe aus den vergangenen vier Jahren sucht man vergeblich:
Gesundheits- , Renten- oder Steuerreform? Fehlanzeige. Es wurde mehr
verwaltet als gestaltet. Je näher die Bundeswahl rückte, umso weniger
ließen sich die Koalitionäre auf Zugeständnisse ein, um potenzielle
Wähler nicht zu verschrecken. Überraschend konkret wurde es noch
einmal kurz vor der Sommerpause als SPD, Grüne und Linke eine
Abstimmung über die "Ehe für alle" erzwangen - sehr zum Ärger der
Unionsparteien. Von einem "Vertrauensbruch" war die Rede. Die
Kanzlerin stimmte dagegen, die Mehrheit der Parlamentarier dafür und
so endete die Große Koalition mit einem Eklat. Das Thema
Einwanderungsrecht hat die Regierung in ihrer Amtszeit nicht
angepackt. Dabei war die Flüchtlingskrise das entscheidende
Großereignis in der zu Ende gehenden Legislatur. Im September 2015
hat Angela Merkel einer Grenzöffnung zugestimmt und geflüchtete
Menschen aus Ungarn nach Deutschland einreisen lassen. "Wir schaffen
das." Dieser Satz prägt Merkels Kanzlerschaft und damit auch die
Bilanz der Berliner Regierung. Hunderttausende Migranten sind zu uns
gekommen. Die Flüchtlingspolitik ist laut Umfragen der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen aus Sicht der Bürger noch immer das mit
Abstand wichtigste Problem in Deutschland. Das Thema polarisiert die
Gesellschaft und reißt Gräben auf. Die Popularitätswerte der
Kanzlerin sackten zwischendurch ab und die AfD verdankt den
Flüchtlingen ihre Wahlerfolge. In der Folge wurden in Berlin scharfe
Anti-Terror-Gesetze beschlossen. Aber eine offene Auseinandersetzung
darüber, wie Deutschland künftig mit Menschen umgehen will, die hier
Schutz suchen, wurde und wird in den demokratischen Parteien viel zu
wenig geführt. Auch die CSU hat ihre Forderung nach einer Obergrenze
im Bayernplan geparkt und hält still. Dabei wäre eine politische
Streitkultur gerade bei diesem mit Ängsten aufgeladenen Thema
dringend notwendig. Die Flüchtlingskrise ist nicht nur eine
Zerreißprobe für Deutschland. Europa hat bis heute keinen
einheitlichen Kurs gefunden, dafür trägt auch die Berliner Regierung
Verantwortung. Eine Demokratie braucht den Wettbewerb um die besten
Ideen und Konzepte. Wenn Bürger das Gefühl haben, keine echte Wahl
mehr zu haben, verliert der Gang zur Urne an Bedeutung. In der
Wahrnehmung der Menschen verschwimmen die inhaltlichen Unterschiede
zwischen CDU, CSU und SPD immer mehr. Dieser Einheitsbrei ist Gift
für die Demokratie und stärkt die Ränder. Nach der Bundestagswahl ist
mit einem Sechs-Parteien-Parlament zu rechnen - mit FDP und AfD als
Neuzugängen. Das macht klassische Zweierbündnisse zur
Mehrheitsbildung schwierig - und die nächste GroKo wahrscheinlich.
Eine Liebesbeziehung wird daraus sicher wieder nicht.
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