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Mittelbayerische Zeitung: "Ein Mann ohne Moral" - Kommentar der Mittelbayerischen Zeitung zu Donald Trumps Reaktion auf rechte Gewalt

ID: 1521127

(ots) - Irgendwann ist es genug. Sollte es noch eines
Beweises bedurft haben, dass Donald Trump dem Amt des Präsidenten der
USA nicht gewachsen ist, dann hat ihn der 71-Jährige am vergangenen
Dienstag geliefert. Statt wie angekündigt über sein
Infrastrukturprogramm zu reden, philosophierte Trump in einem
teilweise wirren Gedankenstrom über die amerikanische Geschichte, die
tödlichen Ausschreitungen von Charlottesville und vor allem über sich
selbst. Bei dem Auftritt in New York wurde ganz deutlich: Der
Präsident hat seine verharmlosenden Äußerungen zur rechten Gewalt vom
Samstag genauso gemeint. Seine staatsmännische Verurteilung des
weißen Rassismus am Montag war nicht echt. Nicht zufällig las Trump
die Proklamation des Selbstverständlichen vom Teleprompter ab: Es
klang wie die erzwungene Botschaft eines Entführungsopfers.
Widerwillig hatte sich der Präsident offenbar von seinen Beratern
breitschlagen lassen, dass es angezeigt sei, den politischen Schaden
zu begrenzen. Doch die politische Zähmung des Twitter-Polterers
misslang. Sichtbar verärgert, dass die Medien seine diplomatischen
Worte nicht genügend würdigten, kehrte er zuletzt wieder auf den
ursprünglichen Kurs zurück. Nun ist Trump wieder Trump: Ein
polternder Ignorant, der argumentiert, es gebe unter
hakenkreuzschwingenden Neo-Nazis mit Fackeln und antisemitischen
Parolen auch nette, friedliebende Menschen. Indirekt macht er die
linken Gegendemonstranten für den Tod der 32-jährigen Heather Heyer
mitverantwortlich, die von einem Neonazi mit dem Auto zermalmt wurde.
So schrumpfen Hassreden zu freien Meinungsäußerungen und
Terroranschläge zu bedauerlichen Unfällen. Diese Relativierung von
demagogischer Brandstiftung und fanatischer Gewalt ist unerträglich.
Sie zeigt, dass Trump der moralische Kompass und die charakterliche
Eignung fehlen, ein Land wie die USA zu führen. Statt den Angehörigen




des Opfers zumindest eine Spur von Mitgefühl zu zeigen, berichtete
er, wie sehr ihn die Mutter der Toten gelobt habe und schwafelte von
seinem tollen Weingut, das in jenem Universitätsstädtchen liegt, das
am Wochenende zum Hort des Horrors wurde. Der Mann ist besessen von
sich selbst, er hat sich nicht unter Kontrolle, er sprengt die
amerikanische Gesellschaft - und möglicherweise nicht nur die, denn
er besitzt den Atomkoffer. Das alles zusammen ist mehr als
besorgniserregend. Nach einem halben Jahr mit immer aberwitzigeren
Kapriolen und zunehmenden Verhaltensauffälligkeiten kann man die
Augen vor der Realität kaum weiter verschließen: Donald Trump müsste
dringend seines Amtes enthoben werden. Mit einem religiösen Fanatiker
Mike Pence würde keineswegs alles besser, aber die Risiken seiner
Ausschläge wären höchstwahrscheinlich rationaler einzuschätzen. Das
wissen auch viele Republikaner. Trotzdem sagen es nur wenige offen.
Zu trügerisch ist immer noch die Hoffnung, mit Trump zumindest einen
Teil der eigenen Agenda umsetzen zu können. Zu groß ist der
Opportunismus und zu drückend die Sorge vor Stimmenverlusten bei den
wichtigen Zwischenwahlen im nächsten Jahr. Also melden sich die
üblichen Verdächtigen kritisch zu Wort und der Rest taucht ab. Die
Grand Old Party wurde 1854 mit dem Ziel gegründet, die Sklaverei
abzuschaffen. Nicht immer ist sie ihren hehren liberalen Idealen treu
geblieben. Wenn die republikanische Partei die Dinge unter Trump nun
aber einfach so weiter treiben lässt und Propagandisten von weißem
Ãœberlegenheitswahn und Rassismus achselzuckend toleriert, kann man
ihr einen harten Vorwurf nicht ersparen - den der moralischen
Verkommenheit.



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Datum: 16.08.2017 - 18:07 Uhr
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