(ots) - Ganz großes Kino - Directors Cut XXL sozusagen. Man
mag darüber sinnieren, wie zeitgemäß mittelalterliche Rituale wie das
einer zweieinhalbstündigen Bischofsweihe im 21. Jahrhundert noch
sind. In jedem Fall sind sie medienwirksam. Und wer die Weihe des
neuen Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf sowie das anschließende
Volksfest auf dem Mainzer Markt erlebt hat, zweifelt nicht daran,
dass Rituale auch sinnstiftend sind. Auch wenn sie noch dem
Mittelalter entstammen - ja vielleicht gerade deswegen. In beiden
Punkten mögen die evangelischen Glaubensbrüder, die sich seit 500
Jahren für das Wort allein anstelle von Samt und Purpur entschieden
haben, zuweilen etwas neidvoll zu den Katholiken hinüberblinzeln.
Doch auch das noch so große Brimborium, pardon die noch so würdevolle
Bischofsweihe kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass aktive Christen
- ob evangelisch oder katholisch - die Debatten in unserer weitgehend
entchristlichten Gesellschaft längst nicht mehr dominieren. Bei aller
demütigen Schüchternheit, die Kohlgraf an seinem großen Tag
ausstrahlte: Es war zu spüren, wie sehr er für seinen Glauben
streiten will und wie ernst es ihm mit dem Vorsatz ist, jeden
einzelnen Gläubigen zum Botschafter zu ermutigen. Dieser Vorsatz
könnte zum zentralen seiner ersten Bischofsjahre werden, von denen
der 50-jährige voraussichtlich so viele vor sich hat: Kohlgraf weiß,
dass unabhängig von allen notwendigen Strukturveränderungen im Bistum
die Kirche nur am Leben bleibt, wenn sie die Laien zur Ãœbernahme von
mehr Verantwortung ermutigt. Ob der neue Bischof darunter auch eine
überfällige Aufwertung der Frauen in der katholischen Kirche
versteht, hat er noch nicht zu erkennen gegeben. Eindeutiger sind da
schon seine Signale zum Ausbau der ökumenischen Zusammenarbeit. Ein
Punkt, den die kirchliche Basis des Zwei-Länder-Bistums ebenfalls
ganz deutlich artikuliert. Die herzliche Umarmung mit Volker Jung,
dem Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau,
war ein erstes Zeichen. Dass der neue Bischof auch Machtpolitik
beherrscht, hat er gleich bei der Berufung seines Generalvikars
bewiesen. An Udo Bentz ließ sich in den vergangenen Jahren der
Dissens festmachen, der zwischen Kardinal Lehmann und dem Mainzer
Domkapitel stetig wuchs. Lehmann hatte Bentz gegen die
Mehrheitsmeinung im Kapitel zum Weihbischof ernannt. Das Domkapitel
dagegen vereitelte Bentz' Wahl zum Bischof, die Lehmann engagiert
betrieben hatte. Dass Kohlgraf nun seinen vermeintlichen Rivalen an
dieser so zentralen Stelle einbindet, ist ein ganz starkes Zeichen.
Ein Zeichen, dass er ein Brückenbauer ist. Und ein Zeichen, mit dem
er sich bereits am Tag seiner Weihe vom Domkapitel emanzipiert. Mit
dieser Entscheidung, die auch eine Wertschätzung gegenüber Lehmann
ausdrückt, macht sich Kohlgraf zugleich frei dafür, sich in den
ersten großen Sachentscheidungen von seinem Vorgänger abzusetzen.
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