(ots) - Die Bedingungen, unter denen Verlage Zeitungen und
Zeitschriften machen, sind herausfordernder geworden, aber gut
gemachte gedruckte Medien behaupten oder erobern ihren Platz. Das ist
die Quintessenz einer Chefredakteurs-Runde, die beim Jahreskongress
des Bundesverbands Presse-Grosso in Baden-Baden am 12. September über
die "Faszination Print" diskutierte.
Philipp Köster, Chefredakteur und Geschäftsführer des
Fußballmagazins "11 Freunde", wandte sich gegen das "Gejammer, dass
demnächst die Beerdigung von Print ansteht". Das sei "totaler
Schwachsinn". "Die Leute mögen es, ein Magazin in die Hand nehmen zu
können." Die Wertschätzung für Print schließe andere journalistische
Ausdrucksformen nicht aus: So nutze "11Freunde" gerne "tolle
Bewegtbildformate" fürs Internet. Köster warnte in diesem
Zusammenhang die Verlage davor, die Qualität ihrer Produkte zu
reduzieren. "Sie ist unser Alleinstellungsmerkmal", sagte er.
"Schnelle, flotte Klickzahlen können andere besser produzieren."
Der "11Freunde"-Chefredakteur warf in Baden-Baden auch einen
humorvollen Blick auf den Fußball als der Deutschen liebstes Kind und
auf die Geschichte seines Magazins: Entstanden vor 17 Jahren in einer
Berliner Altbauwohnung, hat es sich mittlerweile in der
Fußballer-Szene fest etabliert. Auf dem Erfolg ausruhen will Köster
sich nicht: "Man muss gucken, dass man nicht zu bequem wird", sagte
er, "Fußball ist total dynamisch". Köster kritisierte in diesem
Zusammenhang, dass sich Profi-Fußballer in der Gegenwart unter dem
Einfluss von Managern und PR-Leuten nach außen hin nur noch
"glattgebügelt" ohne Ecken und Kanten präsentierten.
Maria Sandoval, Chefredakteurin der Frauenzeitschriften "Lisa",
"Frau im Trend", "Lust auf mehr" und "Ma Vie" (Hubert Burda Media)
konnte die fortbestehende Bedeutung von Print mit Zahlen belegen: Die
von ihr verantworteten Titel hätten ihren Vertriebsumsatz im ersten
Halbjahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr steigern können. Für den
Erfolg von Frauenzeitschriften sei die "emotionalen Bindung" zu den
Leserinnen am wichtigsten. Die Digitalisierung schafft nach ihrer
Auffassung sogar Raum für neue Printkonzepte: So widmet sich ihr
junger Titel "Ma Vie" Dingen, die mit viel Liebe und Zeit hergestellt
werden, und setzt so einen Kontrapunkt zur Schnelllebigkeit des
Internets.
Neue Titel müssten heute anders entwickelt werden als in der
Vergangenheit, ergänzte Sandoval: Ihr vor einem knappen Jahr
gestarteter Titel "Lust auf mehr" habe keine eigene Redaktion mehr,
sondern entstehe aus dem Zusammenwirken von sechs Chefredakteuren des
Hauses. So könne der Verlag die Expertise verschiedener Redaktionen
nutzen, und im Falle eines Scheiterns des Heftes seien keine
Arbeitsplätze in Gefahr.
Print fasziniert auch junge Leute. David Pfeifer, leitender
Redakteur der Wochenendausgabe der "Süddeutschen Zeitung", belegte
das mit einer eindrucksvollen Zahl: 320 Bewerbungen um ein
Volontariat seien zuletzt bei der "Süddeutschen Zeitung" eingegangen
- so viele wie nie zuvor. Selbst den Onlinern im Haus sei klar, dass
ein in der gedruckten Zeitung erschienener Artikel einen besonderen
Wert habe. Pfeifer machte aber auch deutlich, dass Print sich
weiterentwickeln muss, um zu bestehen: Ein "paternalistischer Ton"
komme bei den Lesern nicht mehr an, und die Arbeit der Redaktion
werde von ihnen viel stärker als in der Vergangenheit kontrolliert
und ggf. auch kritisiert.
"Print gehört dazu", sagte der Verleger Peter Turi. Er hat 2006
turi2 gegründet, einen Online-Dienst für die Medienbranche, und gibt
seit 2015 auch das gedruckte Magazin "turi2 edition" heraus. Das Heft
mache die Marke erst "anfassbar", berichtete er, viele
Online-Anzeigenkunden buchten eine Print-Anzeige gleich mit. "Es ist
ein Geschäft, das Spaß macht, weil es um Inhalte geht", sagte Turi.
Moderator der Gesprächsrunde der Chefredakteure war Klaus
Schweinsberg, Gründer und Geschäftsführer des Centrums für Strategie
und Höhere Führung und ehemals Chefredakteur von "Capital" sowie
Herausgeber von "Impulse".
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