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Kölnische Rundschau: Kölnische Rundschau zu Bundestagswanl

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(ots) - Deutschland hat gewählt - und abgerechnet. Mit einer
Kanzlerin, die in einen Wohlfühlwahlkampf ziehen wollte und von der
breiten, tiefsitzenden Enttäuschung über ihre Flüchtlingspolitik
eingeholt wurde. Mit Herausforderer Martin Schultz, der alles gab,
aber letztlich den sozialdemokratischen Nerv der Wähler verfehlte.
Beide Lager haben so gewaltig an Stimmen verloren, dass die
Wahlforscher von einer Verschiebung der "tektonischen Platten" in der
Parteienlandschaft sprechen. Das Ergebnis ist umwälzend, es bedeutet
Strafe und Chance zugleich und einen Einschnitt in der Geschichte des
Deutschen Bundestages.

Nach Jahrzehnten sitzen erstmals wieder sechs Fraktionen im
Parlament. Beide Volksparteien kommen zusammen nur auf wenig mehr als
50 Prozent. Die große Koalition ist abgewählt, neun Minuten nach
Veröffentlichung der ersten Wahl-Prognosen verkündete die SPD-Spitze
gestern Abend den Rückzug in die Opposition. Die nun einzige
Koalitions-Option ist ein schwarz-gelb-grünes Bündnis. Und
drittstärkste Kraft ist, wenig überraschend, die AfD.

Dass die Rechtspopulisten durch ein derart weites Tor in den
Bundestag einziehen konnten, geht zu einem großen Teil auf das Konto
der Regierungsparteien. Die Wahlanalysen weisen einen hohen Anteil
von Protestwählern aus. Für das hochemotional diskutierte
Flüchtlings-Thema legte die AfD (vermeintlich) einfache Lösungen auf
den Tisch, während die Kanzlerin konzeptlos wirkte. Je weniger
Gegenentwürfe die SPD anbot, um so leichter konnte sich die AfD als
angeblich einzig wählbare Alternative zu den sogenannten Etablierten
profilieren.

Mit diesem Denkzettel in der Tasche und dem schlechtesten Ergebnis
für die Union seit 1949 konnte sich Angela Merkel gestern nur mit
sehr gebremster Freude als Siegerin feiern lassen. Ihre vierte
Amtszeit könnte eindeutig besser anfangen. Ihr gegenüber stehen nun




ein kraftstrotzender FDP-Chef, der die Liberalen aus dem Nichts in
wirklich beachtliche Prozent-Bereiche gepusht hat, und ein
Grünen-Spitzenduo, das sich zwar mehr erhofft hatte, aber dennoch
begierig ist mitzuregieren. Schwarz-Gelb-Grün - eine andere Option
gibt es für die Kanzlerin nicht mehr. Mit der Aussicht auf
energiegeladene Regierungsarbeit ohne Groko-Müdigkeit ist das
durchaus eine Chance. Aber für einen hohen Preis. Ein Konsens müsste
unter vier Partnern gefunden werden, denn die CSU regiert mit. Bei
Energiewende, Bürgerversicherung oder Vermögensteuer liegen die
Positionen meilenweit auseinander. Angela Merkel wird alle Kraft
brauchen, um die Fäden zusammenzuhalten und bei den drängenden
Zukunftsthemen Integration, Bildung, Digitalisierung, Renten und
Altersarmut voranzukommen.

Für die SPD hat die Parteiführung gestern die einzig richtige
Entscheidung getroffen. Die Sozialdemokraten müssen jetzt erst einmal
verarbeiten, was sie gerade eingesteckt haben. Und das tut nicht nur
der SPD gut. Unter einer sozialdemokratischen Oppositionsführung wird
das Debatten-Klima im Bundestag vermutlich konstruktiver und
ernsthafter als unter der AfD, die ansonsten stärkste
Oppositionspartei gewesen wäre.

Wie ist überhaupt mit den Rechtspopulisten im Bundestag umzugehen?
Mit einer Partei, aus deren Reihen immer wieder Mitglieder mit
aufhetzenden, fremdenfeindlichen, gelegentlich sogar antisemitischen
Äußerungen provozieren. Die Grenzzäune, Strafmündigkeit ab 12, den
"Erhalt des eigenen Staatsvolkes" durch "aktivierende
Familienpolitik" und einen leichteren Zugang zu Schusswaffen fordert.
Abgeordnete auch der AfD sind demokratisch gewählt, ihnen stehen die
Rechte aller Parlamentarier zu. Der künftige Bundestagspräsident wird
ihnen die Grenzen aufzeigen. Aber es wäre ein gefährliches Signal,
eine Lex AfD zu schaffen, wenn es um die Leitung von Ausschüssen geht
oder um das Rederecht des Oppositionsführers. Dass noch der alte
Bundestag die Geschäftsordnung änderte, die den ältesten Abgeordneten
als Eröffnungsredner für die konstituierende Sitzung vorsah, war
schon eine zu offensichtliche Anti-AfD-Maßnahme.

Jede Art von Ausgrenzung führt eher zu einer festeren Bindung der
Partei-Anhänger. Aus Sicht der Wahlforscher ist auch dies ein Grund,
warum die Rechtspopulisten überhaupt so weit kommen konnten.

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Datum: 24.09.2017 - 19:40 Uhr
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