(PresseBox) - Open Source Lizenzen werden heutzutage in sehr vielen Softwareprodukten eingesetzt. Entgegen der landläufigen Meinung bedeutet Open Source aber nicht, dass mit der Software alles gemacht werden dürfte. Open Source bedeutet letztlich nur, dass der Quellcode der Software einsehbar zur Verfügung steht. Nahezu alle Open Source Tools stehen unter einer Lizenz. Es ist wichtig diese Lizenz zu kennen und zu prüfen, bevor die Software eingesetzt wird, denn davon hängt ab, ob das Open Source Tool überhaupt in die eigene Software integriert werden sollte oder nicht.
In dem Moment, in dem Software mit Open Source Anteilen vertrieben wird, egal ob das gegen Entgelt oder kostenlos passiert, greifen verschiedene Pflichten, die in den Lizenzen aufgeführt sind. Beispielsweise tritt oft ein sogenannter Copyleft-Effekt ein. Das bedeutet, dass ? im Gegensatz zum Copyright ? die bearbeitet oder neu geschaffene Software auch quelloffen, also als Open Source Tool und unter derselben Lizenz wie das ursprüngliche Tool, vertreiben werden darf. Ein kommerzieller Vertrieb ist damit in der Regel ausgeschlossen.
Meine Mandanten fragen mich oft, wie realistisch es denn sei, dass man wegen lizenzwidriger Nutzung von Open Source Software überhaupt belangt wird. Nun, es kommt immer wieder vor, dass Urheber an solchen Open Source Tools tatsächlich auch klagen. Ein Risiko ist also durchaus vorhanden. Es lohnt sich also tatsächlich sich vorab rechtlich beraten zu lassen.
Ein Beispiel ist ein Urteil des Oberlandesgerichts in Hamm vom 13.06.2017. Dort hatten die Richter entscheiden, dass ein Verstoß gegen die Lizenzbedingungen der GPL ? das ist die meist verbreitete Open Source Lizenz ? zum Entfall der Nutzungsrechte führt.
Allerdings entschieden die Richter auch, dass die urheberrechtswidrige Verwendung einer unter der GPL lizenzierten Software keinen Schadensersatzanspruch begründet.
Was war passiert?
Die Klägerin vertrieb eine unter der GPL v 2.0 lizenzierte Software zur Herstellung von WLAN-Verbindungen. Weiterentwicklungen der Software vertrieb sie hingegen nur noch unter einer ?proprietären? Lizenz gegen Zahlung von Lizenzgebühren. Die Beklagte stellte die unter der GPL lizenzierte Software auf ihrer Homepage zum Download bereit, ohne dabei auch den Quelltext der Software und den Lizenztext der GPL zugänglich zu machen. Das ist aber laut der Lizenz verpflichtend. Hiergegen wandte sich die Klägerin zunächst außergerichtlich. Die Beklagte stellte daraufhin den Vertrieb der Software ein, lehnte aber die Zahlung von Schadensersatz ab.
Wie wurde entschieden?
Das OLG Hamm wies die Klage auf Auskunftserteilung und auf Schadensersatz ab. Bei der Verwendung von GPL-lizenzierter Software sei anerkannt, dass Verstöße gegen die Lizenzpflichten zu einem Entfall der Nutzungsrechte führen. Daher begehe derjenige, der eine derartige Software unter Verstoß gegen die Bedingungen der GPL verbreite, automatisch eine Urheberrechtsverletzung.
Allerdings begründe der Urheberrechtsverstoß keinen Schadensersatzanspruch. Ein solcher komme nur dann in Betracht, wenn der Rechteinhaber nicht auf die monetäre Verwertung seines ausschließlichen Nutzungsrechts verzichtet habe. Da die Klägerin die Software hier insgesamt kostenlos zur Verfügung gestellt habe, könne der ?objektive Wert? der Nutzung nur mit Null angesetzt werden. Ein Schadensersatzanspruch und ein zur Bezifferung des Anspruchs notwendiger Auskunftsanspruch bestünden daher nicht.
(Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 13.6.2017, Aktenzeichen 4 U 72/16)
Fazit
Das Gericht hat geurteilt, dass die Nutzungsrechte bei Software, die unter der GPL lizenziert ist, nur auflösend bedingt eingeräumt werden. Verstöße gegen die Lizenzbedingungen bedeuten damit unmittelbar einen Entfall der Nutzungsrechte. Für den Rechtsverletzer, der die GPL-Software in seine eigene Software eingebaut hat ist das gleichbedeutend mit einem Vertriebsverbot seiner eigenen Software.
Ein Verstoß gegen die Lizenzbedingungen mündet auch direkt in eine Urheberrechtsverletzung. Diese löst üblicherweise einen Schadensersatzanspruch aus. Das Gericht entschied hier aber, dass eine Schadensberechnung im Wege der so genannten Lizenzanalogie nicht möglich sei, da die GPL eine lizenzgebührenfreie Rechtseinräumung vorsehe.
Wichtig: Die Entscheidung betrifft nur die Schadensberechnung im Wege der so genannten Lizenzanalogie, also einer fiktiven Lizenz nach dem Motto: ?Was hätte der Rechtsverletzer zahlen müssen, wenn er die Software ordnungsgemäß lizenziert hätte?? Eine grundsätzlich auch mögliche konkrete Schadensberechnung ist bei unter der GPL lizenzierter Software aufgrund der Lizenzgebührenfreiheit nicht erfolgsversprechend.
Denkbar sind aber Fälle, bei denen der so genannte Verletzergewinn herausverlangt werden kann, beispielsweise dann, wenn die unter der GPL lizenzierte Software verkauft wird. Da die Software im vorliegenden Fall von der Beklagten unentgeltlich zum Download bereit bestellt wurde, kam es auf diese Frage aber nicht an.
Timo Schutt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für IT-Recht
Schutt, Waetke Rechtsanwälte & Fachanwälte - IT-Recht, Veranstaltungsrecht, Urheberrecht
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Thomas Waetke - Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Dozent & Buchautor
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