(ots) - Über drei Wochen müssen vergehen, ehe es nach der
Bundestagswahl zu ersten Sondierungsgesprächen für eine neue
Koalition kommt. Lange drei Wochen blicken die genialen
Politik-Akteure ängstlich auf eine Regionalwahl. Es herrscht im
größten EU-Land beinahe Stillstand. Das ist unverantwortlich,
geradezu erbärmlich! Die Union, die erst ihren eigenen Scherbenhaufen
mühselig und wenig überzeugend zusammenkehren musste, hat die
Hauptrolle in diesem Dilettantenstadel übernommen. Die SPD spielt nur
eine Nebenrolle, da sie sich auf eigenen Wunsch vorerst von der
großen Bühne verabschiedet hat. Morgen wählt Niedersachsen. Endlich!
Was die "armen" niedersächsischen Wählerinnen und Wähler am Sonntag
alles leisten müssen, ist unterdessen beachtlich. Sie sollen mit
ihrer Entscheidung beeinflussen, wie es in der SPD mit Martin Schulz
weitergeht und ob Angela Merkel mit Rücken- oder Gegenwind Richtung
Jamaika startet. Sie sollen zudem signalisieren, ob die AfD weiter
stabil bleibt, nach dem Austritt von Frauke Petry erste Schrammen
erlitten hat oder das Unionsgezänk ihr weiteren Auftrieb beschert.
Wie üblich ist eigensinnigen Interpretationen, Spekulationen und
Konfusionen der Weg bereitet. Die Menschen zwischen Cuxhaven und
Göttingen haben es nicht leicht. Ach ja: So ganz nebenbei wählen sie
einen Landtag und damit auch einen Ministerpräsidenten, den
bisherigen oder einen neuen. Wie wäre es, wenn man jetzt die
Landtagswahl als solche ernst nehmen und entsprechend bewerten würde?
Und wenn wir akzeptierten, dass Landtagswahlen keine temporäre
Experimentierbühne für stets nach Volkes Stimmung gierende
Bundespolitiker sind? Statt Begriffe - wie im Bundestagswahlkampf -
von Rechtspopulisten zu übernehmen, sollten demokratische Politiker
sich viel stärker darauf konzentrieren, eine eigene positive Sprache
für ihre Agenda zu entwickeln und verloren gegangene Deutungsfelder
zurückzugewinnen. Einfacher gesagt: Schiele nicht auf die Wähler,
überzeuge sie! Habe Mut, Deine Politik offensiv zu vertreten -
konkret! In Niedersachsen geht es darum, wer bei dem
Kopf-an-Kopf-Rennen stärkste Partei wird, wer auf der Basis dieses
Ergebnisses eine Koalition vereinbart und wer Ministerpräsident wird
- Amtsinhaber Stephan Weil (SPD) oder CDU-Spitzenkandidat Bernd
Althusmann. Es ist auch ohne bundespolitische Aspekte spannend zu
sehen, ob Weils persönliche Konsequenz, nach dem Übertritt der grünen
Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU sofort Neuwahlen
anzusetzen, richtig war. Man wird zudem analysieren können, welche
Rolle die so genannte VW-Affäre und die so genannte Vergabeaffäre
(Aufträge für SPD-nahe Agenturen) wirklich gespielt haben. Aus
überregionaler Sicht ist aber gewiss - bei allem Respekt vor den
Niedersachsen - die morgige Nationalratswahl bei unserem Nachbarn
Österreich relevanter. Wer sich nach dem wohl schmutzigsten
österreichischen Wahlkampf der parteipolitischen Neuzeit dort
durchsetzt, das wird tatsächlich diesmal von europäischer Dimension
sein
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