(ots) - Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der
SED-Diktatur ist deren Ideologie im Straßenbild ostdeutscher Städte
und Gemeinden unverändert präsent. Häufigster Namensgeber ist Ernst
Thälmann, von 1925 bis 1933 Chef der KPD. Der Berliner Zeithistoriker
und DDR-Forscher Klaus Schroeder fordert, stattdessen demokratische
Politiker zu würdigen. "Wir sollten solche Leute ehren, die auch ein
Vorbild für unsere Jugend sind. Thälmann gehört nicht dazu", sagte er
der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung
(Donnerstagausgabe). Der 1944 von den Nazis ermordete KPD-Chef wurde
in der DDR zur Lichtgestalt verklärt. Historiker sehen Thälmanns
Wirken kritisch: Der Hamburger gehörte in der Weimarer Republik zu
den erbitterten Feinden der ersten deutschen Demokratie. Als
Statthalter Stalins vertrat er dessen These, Hauptfeind der
Arbeiterklasse seien die Sozialdemokraten, nicht die
Nationalsozialisten. "Er war ein übler Stalinist. Nur weil er später
von den Nazis umgebracht wurde, wird er nicht zum Vorbild. Sonst
müssten wir ja auch den SA-Führer Ernst Röhm ehren", sagte Schroeder
der Zeitung. Nach seinen Recherchen sind 600 Straßen und Plätze
Thälmann gewidmet. Fast alle liegen in Ostdeutschland, eine seltene
Ausnahme findet sich in Thälmanns Heimatstadt Hamburg. 250 Plätze
tragen laut Schroeder den Namen "Platz der Einheit" und erinnern
damit an die gewaltsame Fusion von SPD und KPD zur SED im Jahr 1946.
Zudem gibt es 220 "Straßen der Freundschaft", mit der die DDR die
erzwungene Zugehörigkeit zum Ostblock unter Führung der Sowjetunion
verherrlichte.
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