(ots) - Die Macher der CSU-Zeitung "Bayernkurier"
widmen die Titelgeschichte ihrer aktuellen Ausgabe dem gespaltenen
Deutschland - näher liegend wäre gewesen, nach der Denkzettelwahl die
tiefen Risse in der eigenen Partei zu sezieren. Die CSU zerfällt nach
dem 38,8-Prozent-Debakel in Lager, die sich misstrauisch beäugen.
Weniger als ein Jahr vor der Landtagswahl ist unklar, in welcher
personellen Aufstellung die CSU in die Schlacht ziehen wird. Es tobt
ein mal mehr, mal weniger subtiler Machtkampf zwischen Horst Seehofer
und Markus Söder, der die zwei stärksten Führungsfiguren der Partei
wechselseitig beschädigt. Unklarheit herrscht auch bei den Inhalten:
Kommt es im Bund zur Jamaika-Koalition, wird die CSU zähneknirschend
Kompromisse mittragen müssen, die dem eigenen Wähler-Klientel
missfallen - sei es nun in der Asylpolitik, in Verkehrsfragen oder
der Landwirtschaftspolitik. Das sorgt für immense Konfusion. Selten
herrschte mehr Ratlosigkeit in der Partei. Niemand wagt derzeit eine
verlässliche Prognose, wie es weitergeht. Die Koalitionssondierungen
in Berlin lähmen jedes Bemühen, zeitnah Klarheit zu schaffen. Ein
offener Streit in München würde die Verhandlungsposition Seehofers
schwächen. Dabei hängt für die Partei sehr viel davon ab, was im Bund
durchgesetzt werden kann: Die Flüchtlingsbegrenzung auf 200 000 pro
Jahr, die Mütterrente, die Abschaffung des Soli auf Raten und
mindestens zwei einflussreiche Posten im Kabinett muss Seehofer nach
Hause bringen. Er braucht das auch, um die eigene Position zu
stabilisieren. Erfolg oder Misserfolg entscheiden über seine Chancen
auf eine Doch-Noch-Wiederwahl als Parteichef beim Parteitag im
Dezember. In die Hände spielt Seehofer, dass Widersacher Söder
keinesfalls die Lösung aller Probleme ist: Mit ihm als
Spitzenkandidat würde die CSU bei der Landtagswahl 2018 nicht
automatisch über 38,8 Prozent kommen. Seehofer bleibt zudem in der
Bundespolitik der versiertere Strippenzieher. Trotz bekannter
Fehlschläge. Der amtierende CSU-Chef neigt in schöner Regelmäßigkeit
zu Zuspitzungen, die wie ein Bumerang zurückkommen . Die "Herrschaft
des Unrechts", die er Kanzlerin Angela Merkel attestierte, ist dafür
Beispiel, die "Obergrenze für Flüchtlinge" oder die Pkw-Maut für
Ausländer. Doch Seehofer ist mitnichten der Quell allen Übels in der
CSU. Er hat für seine Partei 2013 in Bayern die absolute Mehrheit
zurückgeholt. Speziell die Landtagsfraktion hat er wiederholt vor
politischen Irrläufen bewahrt. Ohne sein Machtwort wäre die dritte
Startbahn am Münchner Flughafen längst am grünen Tisch entschieden -
ebenso ein neues Auszählverfahren für Kommunalwahlen, das die CSU
begünstigt und kleinen Parteien schadet. Die Wähler hätten beides
abgestraft. Es sind Verdienste der Vergangenheit, die in der CSU ein
kurzes Verfallsdatum haben. Söder und seine Anhänger spekulieren
darauf, Seehofer in der Phase der Schwäche möglichst viele Ämter
abzutrotzen - von der Spitzenkandidatur 2018 bis zum Parteivorsitz
und dem Ministerpräsidentenamt. Der Bonus des Amtsinhabers könnte
einem Spitzenkandidaten Söder im Landtagswahlkampf Vorteile bringen.
In der CSU träumen sie dieser Tage von einem Mediator, der die beiden
Alphatiere Seehofer und Söder befriedet. Allein: Auch für diesen
Posten fehlt die Idealbesetzung. Die Wahrscheinlichkeit für einen
harmonischen Ãœbergang tendiert derzeit gegen Null. Realistisch ist
derzeit, dass Seehofer die Spitzenkandidatur abgibt und seine
Amtszeit als Ministerpräsident vollendet. Das Amt des Parteichefs
würde er wohl freiwillig räumen, sofern der Nachfolger nicht Söder
heißt. Joachim Herrmann, vielleicht bis dahin Bundesinnenminister,
wäre ein guter Kompromisskandidat. Fürs Erste. Denn Söder bleibt auf
dem Sprung.
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