In wellenartig hervortretenden Varianten werden Konten von Bankkunden durch Straftäter leergeräumt, nachdem zuvor die Zugangsdaten für das Online-Banking abgefangen wurden. Allerdings kann ein Konto im Online-Banking nur durch eine Überweisung auf ein anderes Konto abgeräumt werden, dessen Inhaber sich mit Hilfe der Strafverfolgungsorgane häufig ermitteln lässt. Damit die Täter nicht entdeckt werden, muss ein Dritter für die Täter die Funktion des Finanzagenten übernehmen. Der Finanzagenten erhält den Auftrag das auf seinem Konto empfangene Geld in bar abzuheben und zum Beispiel mit Hilfe von Western Union ins Ausland zu den Tätern zu transferieren oder das Geld den Tätern in bar mitzugeben. Die Täter suchen sich den Finanzagenten, dem meist eine geringe Provision versprochen wird, gerne anonym. Ilex Rechtsanwälte hat das Urteil des Amtsgerichtes Neukölln v. 01.09.2009 (Az. 18 C 58/09) für einen Bankkunden erstritten.
(firmenpresse) - In dem Urteil des Amtsgerichtes Neukölln v. 01.09.2009 (Az. 18 C 58/09) hat das Gericht entschieden, dass ein sog. Finanzagent dem geschädigten Bankkunden 90% des entstandenen Schadens erstatten muss. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Der Fall, den das Amtsgericht Neukölln zu beurteilen hatte und über den inzwischen auch ein Wirtschaftsmagazin vom Sender rbb berichtet hatte, erscheint zunächst ungewöhnlich und kurios. Ein Polizeibeamter begibt sich privat in ein Internetcafé in der Stadt F. Dort soll angeblich ein dunkler Mercedes mit Baseler Kennzeichen vorgefahren sein. Ein angeblich Unbekannter habe sich dem Beamten als „Mirko“ ausgegeben. „Mirko“ habe gefragt, ob der Beamte ihm sein Konto zur Verfügung stellen könne, da er Geldbeträge erwarten würde. Der Beamte will angeblich keinen Verdacht geschöpft haben und auf sein Konto wurden daraufhin in kurzer Folge rund 60.000 € transferiert; allesamt Gelder von Konten, deren Zugangsdaten die im Hintergrund agierenden Täter zuvor mit Hilfe von Schadprogrammen (Trojaner) abgefangen hatten. Der Kontoinhaber lässt sich diese Gelder in den folgenden Tagen nacheinander in verschiedenen Filialen seiner Bank in bar auszahlen und will sie „Mirko“ übergeben haben. Dafür erhält er angeblich nur eine äußerst geringe Provision. Erst als „Mirko“ spurlos verschwunden war, tätigte der Beamte eine Anzeige bei der Polizei.
Das Amtsgericht Neukölln entschied nun zivilrechtlich, dass der Beamte aufgrund seiner Tätigkeit als sog. Finanzagent 90% des dem Bankkunden entstandenen Schadens übernehmen müssen. Grundlage für seine Haftung war, dass der Finanzagent sich durch seinen Beitrag an der Tathandlung strafbar gemacht hatte. Obwohl die Hintermänner beim Abgreifen von Kontozugangsdaten oftmals nicht greifbar sind, wird der Finanzagent, der sich im Anschluss an die Tat häufig ahnungslos generiert, in vielen Fällen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.
Allerdings ist es dabei im Einzelfall umstritten, welche Delikte der sog. Finanzagent in den typischen Konstellationen des Abgreifens von Kontozugangsdaten erfüllt. In Betracht kommt grundsätzlich eine Beihilfe zum Computerbetrug. Die Annahme eines Betruges beim Finanzagenten ist jedoch umstritten (bejahend: AG Hamm, Urt. v. 05.09.2005, CR 2006, 70 f.; differenzierend: I. Goeckenjan, wistra 2008, 128 [133]; kritisch: D. Werner, CR 2006, 71 [72]; A. Popp, NJW 2004, 3517 [3518]).
Auch wenn der Nachweis einer Beihilfe zum Computerbetrug der Staatsanwaltschaft häufig nicht gelingt, dürfte sich der Geldboten häufig einer Geldwäsche nach § 261 Abs. 2, Abs. 5 Strafgesetzbuch strafbar machen. Grundsätzlich benötigt man für derartige „Geldtransaktionen“ aber eine „Banklizenz“, so dass bei Fehlen derselben auch an den Tatbestand eines verbotenen Bankgeschäftes nach § 54 i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG zu denken ist.
Im dem Fall, den das Amtsgericht Neukölln zu beurteilen hatte, wurde der Finanzagent zuvor vom Strafgericht wegen Geldwäsche zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Ulrich Schulte am Hülse
Rechtsanwalt
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