(firmenpresse) - Bonn/Rheinbach - Das nordrhein-westfälische Sparkassengesetz soll modernisiert werden. Öffnet das die Tore für eine Veränderung der Eigentümerstruktur der Sparkassen? "Hoffentlich", freut sich die Westdeutsche Landesbank, denn die möchte gern ihr Geschäft mit den Regionalinstituten ausweiten. "Auf keinen Fall", kontert der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) http://www.dgsv.de, denn das könnte einen massiven Erdrutsch in der gesamten Sparkassenlandschaft auslösen und den Verband schwächen. Die ersten Brocken allerdings seien allerdings schon ins Rutschen gekommen, schreibt Christine Demmer in einem Beitrag für die Rubrik Rathaus Consult der Kommunalpolitischen Blätter http://www.kommunalpolitische-blaetter.de.
Die Margen bröckeln, die einst so treuen Kunden flirten ungeniert mit den kostengünstigen Online-Direktbanken, der ungewohnte Druck der Ratingagenturen macht den verwöhnten Instituten schwer zu schaffen. Hinzu kommt: Schon hoffen die ersten kommunalen Gesellschafter auf lukrative Kaufangebote seitens der Landesbanken. So zum Beispiel der Düsseldorfer Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU): Um die Finanznot der rheinischen Metropole zu lindern, würde der Politiker nur zu gern ein Stück näher an die Westdeutsche Landesbank (WestLB) http://www.westlb.de heranrücken und die kommunalen Anteile an der Stadtsparkasse Düsseldorf abgeben. Doch noch geben die Landespolitiker dazu kein grünes Licht
Gegenwärtig führe die Landesregierung eine Reihe von Sondierungsgesprächen, so Demmer: mit den beiden Hauptgesellschaftern der WestLB, dem Rheinischen Sparkassenverband (30,4 Prozent-Anteil an der WestLB), mit den Westfälisch-Lippischen Sparkassen (ebenfalls 30,4 Prozent), mit der NRW-Bank (38 Prozent), mit den Landesverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe (je 0,2 Prozent) und mit anderen Akteuren am Finanzplatz Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung wolle die beiden nordrhein-westfälischen Sparkassenverbände auf eine gemeinsame Linie bringen, eine starke Rolle der Sparkasse als bürgernahe Kreditinstitute schaffen und den Lande den Landesanteil von direkt 0,8 Prozent und indirekt (über die NRW-Bank) von 38 Prozent verringern, um Risiken abzuwerfen und Mittel für die Haushaltssanierung zu bekommen - oder zumindest in der Zukunft eine ordentliche Rendite.
"Was aus Sicht des Landes durchaus Sinn macht, trifft bei der Westdeutschen Landesbank naturgemäss nicht unbedingt auf Begeisterung. Denn Vorstandschef Dr. Thomas R. Fischer verfolgt eigene Ziele. Er möchte: den Sektor der Landesbanken konsolidieren, das heisst, die sechs verbliebenen Spitzeninstitute (BayernLB, HSH Nordbank, Helaba, Nord/LB, LBBW und WestLB) aus der Länderbindung lösen und statt dessen nach Wirtschaftsräumen aufstellen. Das ruft nach weniger, aber stärkeren Landesbanken - vielleicht sogar unter Führung der WestLB. Fischer, früher Vorstand der Deutschen Bank, strebt offenkundig nach Höherem. Das machen das Joint-Venture der Düsseldorfer mit der NordLB, ihre Beteiligung an der HSH-Nordbank, die Übernahme der Landesbankfunktion für die Sparkassen in Brandenburg und der jüngst avisierte Einstieg bei der Sachsen LB deutlich. Ebenso Fischers Vorstoss, eine eigene Direktbank zu gründen - der wurde allerdings erst einmal von den NRW-Sparkassenverbänden abgeschmettert. In den Kreis der Big Player aufschliessen will die WestLB durch gute Ergebnisse und ein erstklassiges Ranking bei den internationalen Ratingagenturen. Dazu soll der Ertragsanteil der WestLB aus dem Geschäft mit den Sparkassen - heute magere zehn Prozent - möglichst auf 20 Prozent verdoppelt werden. Die restlichen 80 Prozent liefern die vermögenden Privatkunden aus dem Geschäftsfeld Private Banking - 2005 übernahm die WestLB dazu die Berliner Weberbank - sowie das Investmentbanking", schreibt die Wirtschaftsjournalistin in Rathaus Consult.
Bestens geeignet, um die erst vor kurzer Zeit wieder erkämpfte Triple A-Bewertung der WestLB zu halten, wäre eine hohe Eigenkapitaldecke. Die sei zurzeit noch in weiter Ferne, könnte aber von den Sparkassen kommen - und zwar mit deren Verkauf an die über die Verbände gehaltene eigene Tochtergesellschaft WestLB. Eine andere Option sei das diskutierte Holdingmodell. An dieser Holding sollten Sparkassen und die WestLB gleichberechtigt beteiligt sein; die Sparkassen blieben eigenständig und Fischer erhielte nicht nur einen Bonus beim Bankenrating, sondern auch den direkten Zugriff auf das Massengeschäft der Sparkassen - ohne die Konzernbindung. Damit könnte er die Bereitschaft der Sparkassen enorm ankurbeln, die von der WestLB entwickelten und vermarkteten Finanzprodukte wie Kredite und Anlageformen an- und abzunehmen. Die angepeilten 20 Prozent Ertragsanteil wären somit zum Greifen nahe.
"Das ist der Hintergrund, vor dem die nordrhein-westfälischen Sparkassendirektoren ihr zunehmend mühevolles Tagesgeschäft betreiben müssen", so Demmer. "Hans-Peter Krämer, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Köln und Aufsichtsratsmitglied der WestLB, ist ein überzeugter Vertreter selbstständiger kommunaler Sparkassen. Geht es nach seinen Vorstellungen, dann sollten die beiden rheinisch-westfälischen Verbände den Anteil des Landes NRW übernehmen. Falls das Land tatsächlich einen Verkauf erwäge und den Mehrheitseignern einen Interessenten präsentiere, hätten die beiden Verbände immerhin vier Monate Zeit, um sich unwillkommener Wettbewerber wie zum Beispiel eine ausländische Bank zu entledigen und selbst von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. Damit erledige sich überdies die Idee einer Direktbank, denn, so ist Krämer überzeugt: "Das können wir selbst besser." Anderes aber nicht: Zum Beispiel die Finanzierung des Kaufpreises von geschätzt vier Milliarden Euro aus eigener Kraft stemmen. Auch kein Problem, meint Krämer, schliesslich könne man ja eine andere europäische Sparkassenorganisation mit ins Boot nehmen. Der listige Kölner weiss genau, dass das dem Land nicht passen dürfte."
Diese Vorstellung allerdings würde Fischers Ambitionen zuwiderlaufen. Unter der Kontrolle der Sparkassenorganisationen würde die Westdeutsche Landesbank zweifellos zu einem blossem Produktbereitsteller, sozusagen zur verlängerten Werkbank der Regionalinstitute verkümmern. Das kann einem Banker, "der den Duft der grossen weiten Welt geschnuppert hat", nicht gefallen. Ebenso wenig übrigens wie die zweite von Hans-Peter Krämer ins Spiel gebrachte und von Sparkassenpräsident Dietrich H. Hoppenstedt freudig aufgenommene Abschreckungsvariante: Tauche ein Kaufinteressent für den NRW-Anteil auf, könnten sich die Sparkassen auch ganz zurückziehen und ihrerseits die von ihnen gehaltene Mehrheit an der WestLB auf den Markt werfen. Da jeder potenzielle Käufer auf das Retailgeschäft der Sparkassen spekuliere, würde er bei dieser Ankündigung höchstwahrscheinlich abspringen.
Dass die Landesbanken um die Sparkassen und um die Kunden der Sparkassen kämpfen und die Politik gespannt zusieht, sei neu und beunruhig die Verbandsoberen. Ebenso wie Dietrich H. Hoppenstedt, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) in Berlin, wolle Rolf Gerlach, Präsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe und Aufsichtsratsvorsitzender der WestLB, die bisherige Arbeitsteilung zwischen Landesbanken und Sparkassen bundesweit verbindlich fortschreiben. Allenfalls über die Anzahl der Landesbanken liesse sich reden; das könnten nach Ansicht des Sparkassenverbandes durchaus weniger sein.
Festgezurrt werden sollte die alte-neue Marschrichtung auf einer Strategietagung des DSGV am 7. November 2005 in Berlin. Mehr als 1.000 Sparkassen- und Landesbank-Vorstände quer durch den ganzen Verbund diskutierten die Sachlage und einigten sich am Ende auf die Fortsetzung der Appeasement-Politik: Die Landesbanken mögen sich aus dem Privatkundengeschäft weitgehend zurückhalten, so die Forderung, denn das gehöre traditionell den Sparkassen. Punkt. Kenner der Szene hatten ein solches Ergebnis erwartet. Denn bei diesem Strategiemeeting nicht dabei war ausgerechnet Thomas Fischer von der WestLB. Er war aus dringenden terminlichen Gründen verhindert.