(firmenpresse) - Bonn - "Erkenne die Möglichkeiten" ruft Ikea http://www.ikea.de schon seit Jahren seinen Kunden zu, die Zeitschrift Brandeins http://www.brandeins.de hat den Satz für ihre Novemberausgabe in den Titel übernommen und aufgelistet, dass nicht nur neue Geschäftsideen, sondern vor allem die Veredelung und Weiterentwicklung von Bestehendem manchen Betrieb auf die Spur des wirtschaftlichen Erfolgs (zurück)bringen kann. Und das passende Schumpeter-Zitat wird gleich mitgeliefert. "Die allermeisten Erneuerungen, die wir früher oder später überrascht oder erstaunt als solche begreifen, existieren längst. Nur ein kleiner Bruchteil ist wirklich neu. Das Allermeiste ist eine Rekombination aus vorhandenen Ideen und Produkten."
Immer in Bewegung bleiben und sich ständig mit neuen Ansätzen und Methoden bei der Problemlösung auseinandersetzen, das ist eine Botschaft von Patrick Wise und Seán Meehan. "Simply Better" heisst ihr Buch, das Rezepte bereithält für das Ziel jedes Unternehmens: "Dem Wettbewerb die entscheidende Nasenlänge voraus" zu sein, wie es der Untertitel definiert. Der rote Faden durch das 200-Seiten-Werk: Der Ruf - oder besser Aufschrei - nach kundenfokussierender Unternehmenskultur. Die meisten Top-Manager haben keinen Kontakt mehr zum Kunden, für die Autoren ein entscheidender Fehler: "Wir glauben, dass jeder Manager regelmässig unmittelbaren Kontakt mit den Kunden haben muss."
Nun lernen wir kaum ein Unternehmen kennen, das nicht von sich behauptet, Kundenorientierung stehe ganz oben auf der Geschäftsagenda. Dennoch "hat sich Kundenorientierung als Marketingkonzept bis heute offensichtlich nur partiell durchgesetzt." Denn wer die Kunden nach ihrer Meinung darüber fragt, bekommt oft eine ganz andere Antwort und jede Menge Horrorstorys zu hören. Die Deutsche Bahn lässt grüssen. "König Kunde" bleibt wohl eine Märchengestalt. Barwise und Meehan erinnern an einfache Wahrheiten jenseits von Imagekampagnen und zeigen, dass es vernachlässigte Wachstumspotenziale gibt. "Wenn wir Manager glauben, dem Kunden liege etwas an unserer Marke, dann sind wir im Irrtum", behaupten die Autoren. "Wenn ein Unternehmen wie Exxon vom Markt verschwände, würde sich irgendein Kunde darüber grämen? Vermutlich nicht. Die Autofahrer zucken die Schultern und tanken eben woanders. Dem Kunden geht es einzig und allein um die Vorteile, die unsere Marke oder die der Konkurrenz ihm bietet." Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, was den Kunden wirklich wichtig ist. Sony-Chef Nobuyuki Idei hat es unlängst auf den Punkt gebracht. Die "Simply Better"-Autoren hätten eindrucksvoll daran erinnert, "dass das Denken der Kunden immer das Denken des Anbieters beherrschen sollte." Markenimage, Einzigartigkeit, Emotionen - Ballast, dem eine enorme Zahl von Unternehmen übergrosse Bedeutung beimisst. Viel wichtiger sei es, die Bedürfnisse der Kunden tatsächlich zu kennen und zu bedienen. Man muss nicht einzigartig sein, um zu gewinnen, sondern einfach nur besser! Und: "Die Kundenbeziehungen sollten höhere Priorität geniessen als die Kundenakquisition."
Der Kunde will meist, dass ein Produkt ihm das Leben einfacher macht. Das ist die erste Grundregel für die Konzeption eines Produktes. Damit liegt man nie falsch. Aber auch einfache Faktoren wie Verfügbarkeit entscheiden, ob ein Produkt gekauft wird. Ist es im Laden nicht vorrätig, greift man eben zu einer anderen Marke. Für Experimente haben die Autoren nicht viel übrig. Was für fatale Folgen es haben kann. wenn man Kundenbedürfnisse vernachlässigt, zeigen Barwise und Meehan anhand bekannter Beispiele und führen vor, wie man mit dem Versuch, ganz besonders zukunftsweisend und kreativ zu sein, schrecklich auf die Nase fallen kann. Tatsächlich gebe es Branchen, die in ihren Strukturen so festgefahren sind, dass sich die Kunden inzwischen damit abgefunden haben, Waren und Dienstleistungen unvollkommen, aber auch unkommentiert, hinzunehmen. Die Frage "Wann wird das endlich besser?" werde schon gar nicht mehr gestellt. Messungen von Kundenzufriedenheit, so die Autoren, sollten Unternehmern und Managern abwechselnd Sorgenfalten und Zornesröte ins Gesicht treiben.
Stattdessen sollte man beherzigen, was schon in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts Theodore Levitt, damals an der Harvard Business School, schrieb: "Die gesamte Wertschöpfung muss vom Kunden aus gedacht werden. Die Produktion steht also ganz am Schluss." Alle Geschäftsprozesse werden dabei vom Standpunkt des individuellen Konsumenten her strukturiert und auf dessen Interessen ausgerichtet - eine Strategie, für die man keine Marketingseminare und Consultants benötigt, dem Kunden nämlich besser zuzuhören, sein Feedback umsetzen und sich auf die Perfektionierung der Kernkompetenz zu verlegen. So liesse sich wesentlich besser Wachstum generieren als über ehrgeizige Umstrukturierungsprogramme, die ein Unternehmen auf den Kopf stellen und letztlich erfolglos bleiben. Ein Beispiel gefällig? "Das Geheimnis von Toyotas Aufstieg zum erstrangigen Automobilhersteller lautete: Den Schnickschnack weglassen und sich auf das Wesentliche konzentrieren." Man müsse schlichtweg nachvollziehen, was dem Kunden wirklich am Herzen liege und ihm genau das einfach besser anbieten als andere.
In ähnlicher Weise äusserten sich Experten bei einem Redaktionsgespräch des Bonner Wirtschaftsmagazins NeueNachricht http://www.ne-na.de. "Viele Verbraucher und auch mittelständische Unternehmer fühlen sich von der modernen Technik überfordert", sagte Markus Mingers vom Bonner Mittelstandszentrum. Das gelte für Mikrowellengeräte wie für Digitalkameras, für Mobiltelefone wie für Computer und selbstredend auch für Toaster, Webcams und digitale Küchenwaagen. Tasten, Schieberegler, Leuchtdioden und Funktionsanzeiger drängten sich mehr und mehr in unser Alltagsleben und lassen alles und jedes klickable und steuerbar erscheinen. "Wenn man Technik nur aus der Logik der Maschinen heraus entwickelt, dominieren nur die mechanischen Massstäbe", so Mingers. Das Resultat sei eine wachsende Technikfrustration. "Firmen denken zu sehr in ihren eigenen Strukturen, auch in ihren eigenen Produkten, anstatt über ihre Fähigkeiten nachzudenken", ergänzte Omar Khorshed, Vorstandsvorsitzender des Düsseldorfer Abrechnungsdienstleisters acoreus. Welche Fähigkeit müsse eigentlich ein Unternehmen bringen, um seinen Kunden das zu geben, was sie eigentlich wollen und wofür sie auch bezahlen wollen? "Es geht um Fähigkeiten, nicht um Produkte. Und schon gar nicht um vielfach unerwünschte Zusatzfunktionen, die von allen mitbezahlt werden müssen, damit wenige sie verstehen", führte Khorshed aus. Die Kunst bestehe in der Anwendung von Standardlösungen, die aber auf individuelle Anforderungen angepasst werden müssen. Featurerismus als l’Art pour l’Art hat seine Zukunft hinter sich.
Helmut Reisinger beschäftigt sich als Geschäftsführer des Stuttgarter IT-Dienstleisters Nextiraone permanent mit hochkomplexen Telekom- und Netzwerklösungen. Er weiss, dass mittlere und grosse Firmenkunden aus einem breiten Anwendungsspektrum auswählen wollen. "Die Vielfalt ist für uns lebensnotwendig, aber sie kostet auch Geld." Seit eineinhalb Jahren bietet Nextiraone seinen Kunden "Managed Services" an, also den kompletten Betrieb ihrer Firmennetzwerke. "Wir haben uns überlegt, wie wir das im Mittelstand noch stärker an den Mann bringen. Der Vertrieb hat uns beschworen, wir müssten dieses noch machen und jenes noch drauflegen, also gewissermassen ein Rundum-Sorglos-Paket schnüren." Reisinger sah das anders. "Wir haben das Gegenteil gemacht und die Komplexität raus genommen. Anfangs gab es massiven Widerstand, weil Techniker und Ingenieure mit eingeübter Liebe zum Detail an eine Sache herangehen. Wir mussten also erst mal in Vereinfachung investieren." Die Folge: Statt unter 250 Auswahlmöglichkeiten mit verschiedenen Paketvarianten lässt Nextiraone seine Kunden nur noch unter vier Leistungspaketen wählen. "Die neue Einfachheit kommt an", so Reisinger.
Zum neuen Gebot der Einfachheit gehört zweifellos der rasche Zugriff auf Hersteller, Lieferant oder IT-Dienstgeber, sei es bei drängenden Fragen oder auch schon bei der Geschäftsanbahnung. Für Nextiraone-Geschäftsführer Helmut Reisinger ist das selbstverständlich: "Man muss für den Kunden einfach zu erreichen sein, auch schon im Vorfeld einer Geschäftsbeziehung. Für je zwei Vertriebsmitarbeiter bei uns arbeitet ein Solution Designer das technische Feinkonzept aus, damit diese Lösung für ein Contact-Center oder für ein komplexes Netzwerk entsprechend passt und wirklich funktioniert. Wenn das Projekt steht und die Lösung implementiert ist, steht der Service im absoluten Mittelpunkt. Es muss zum Beispiel eine stets empfangsbereite Rufnummer geben, damit die Kunden ihren Servicebedarf zu jeder Zeit signalisieren können." Soviel Einfachheit fordert ihren Preis - vom Kunden. "Wenn alles so einfach wäre wie in einem perfekten Markt", argumentiert Helmut Reisinger, "wo bliebe dann die Marge? Dafür gäbe es keine wirkliche Berechtigung mehr. Es muss Spielraum dafür geben, dass sich eine besondere Dienstleistung mittel- und langfristig etablieren kann." Die Bonner Expertenrunde war sich einig, dass die Technik immer komplexer werde, nur dürfe der Anwender davon nichts merken. Das sei die wahre Ingenieurskunst.
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