2010 Jahr der Biodiversität – Biologe Prof. Dr. Josef H. Reichholf betont die Bedeutung von Sand- und Kiesgewinnungsstätten für Artenvielfalt – Einzigartige Lebensräume für Vögel, Amphibien und Insekten
(firmenpresse) - MÜNCHEN – Sand- und Kiesgewinnungsstätten sind der Dreh- und Angelpunkt der Artenvielfalt. In den 1970er Jahren galten sie noch als „Wunden in der Natur“, diese Wahrnehmung hat sich allerdings als falsch erwiesen. „Sand- und Kiesgewinnungsstätten als Wunden in der Natur zu bezeichnen ist nackte Ideologie und hat nichts mit Ökologie zu tun“, erklärt Prof. Dr. Josef H. Reichholf. In seinem Vortrag auf der Mitgliederversammlung der Fachabteilung Sand- und Kiesindustrie im Bayerischen Industrieverband Steine und Erden e.V. zeigt der Münchner Biologe, dass die Gewinnungsstätten vielmehr selten gewordene Biotope darstellen, in welchen viele bedrohte Tierarten leben. Im internationalen Jahr der Biodiversität 2010 gelten rund die Hälfte aller in Bayern lebenden Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Die Hauptursachen dafür sieht Reichholf, der mit seinen Publikationen bereits mehrfach Aufsehen erregte, in falsch verstandenem Umweltschutz und der Überdüngung durch die Landwirtschaft. Besonders durch letztere sieht er die von der Bundesregierung geplante Grundwasserverordnung ad absurdum geführt.
Biotop Sand- und Kiesgrube
„Viele Tierarten sind auf trockene, warme Lebensräume angewiesen. Für sie ist schon eine Wiese voller Löwenzahn zu dicht bewachsen und daher zu feucht“, erläutert er. Gerade Trockenbiotope sind in Bayern aber rar geworden. Die Konsequenz daraus: Die Bestände der Schmetterlinge, Sandwespen, Libellen, Ameisen und Kriechtiere sind stark zurückgegangen. In der kultivierten Landschaft Bayerns finden sie keine mageren Flächen mehr. „Diese bedrohten Tierarten brauchen Lebensräume wie Sand- und Kiesgewinnungsstätten, wo sie in offenen Sand- und Kiesrohböden oder Steilwänden ihre Höhlen bauen und sich fortpflanzen können“, erklärte er. Auch Vögel wie der Bienenfresser, Wiedehopf oder Rotkopfwürger sind auf Gewinnungsstätten als Lebensräume angewiesen. Den starken Rückgang der Amphibienarten setzt er in direkte Verbindung mit Rekultivierungsmaßnahmen. „Die Wunden in der Natur sind verschwunden – die Frösche und Molche auch“, schildert Reichholf.
Rekultivierungen fürs Auge
Durch Rekultivierungsmaßnahmen, zu welchen sich Rohstoffgewinnende Betriebe verpflichten müssen, werden die Gewinnungsstätten nach der Nutzung umgestaltet. So werden satte Grünflächen oder Möglichkeiten für Freizeit und Erholung geschaffen, wo zuvor Sand und Kies gewonnen wurde.
Dadurch verschwinden aber die trockenen Magerböden und Tiere, die zuvor dort lebten, verlieren ihre Lebensgrundlage. „Die Maßnahmen sind oftmals nur für das menschliche Auge. Ökologisch mehr Sinn würde es machen, wenn nach der Gewinnung auch mal Unordnung hinterlassen wird“, schildert Reichholf. Unter einer intakten Natur stellen sich Menschen in der Regel geschlossene, bewachsene Flächen vor. Die Natur mache sich laut Reichholf aber nichts aus dem menschlichen Ordnungsverständnis. Besser wäre es, sie auch mal sich selbst zu überlassen. So entstehen Biotope, wie sie in unserer Kulturlandschaft fast verloren gegangen sind – mit trockenwarmen, mageren Flächen. Auf diese Weise kann auch die Artenvielfalt der Natur gesichert werden.
Denn für den Rückgang dieser Vielfalt ist nach Reichholfs Forschungen nicht die Industrie, der Verkehr oder die Jagd verantwortlich, sondern die Monotonie der Landschaft, die durch Überdüngung der Landwirtschaft und den Verlust von Kleinstrukturen entstanden ist . „Es macht wenig Sinn, Tierarten unter Naturschutz zu stellen und ihnen gleichzeitig den Lebensraum zu nehmen“, meint Reichholf.
Überdüngung im Widerspruch zur geplanten Grundwasserverordnung
Neben dem Vortrag des Münchner Biologen wurde auf der Mitgliederversammlung die von der Bundesregierung geplante Grundwasserverordnung thematisiert. Die geplanten Reglementierung veranschaulichte Siegfried Moßandl, 1. Vorsitzender der Fachabteilung: „Nach dieser Verordnung wird man schon zum Umweltsünder, wenn man eine Flasche handelsüblichen Mineralwassers auf den Boden gießt“.
Für Professor Dr. Josef H. Reichholf ist eine solche Verordnung in Hinblick auf die anhaltende Überdüngung unverständlich. „Es ist ein unglaubliches Missverständnis, dass diese Grundwasserverordnung auf den Weg gebracht wird und gleichzeitig die Bauern ihre Gülle weiter ausbringen dürfen“, wunderte er sich. Das Vieh produziert drei- bis fünfmal so viel Abwasser wie der Mensch. Diese Abwässer kommen aber gänzlich ungeklärt auf die Felder, während das vom Menschen produzierte Abwasser in hochmodernen Kläranlagen bis nahezu Trinkwasserqualität gereinigt wird. Dass diese Überdüngung ein ökologisches Problem darstellt, ist daran zu erkennen, dass inzwischen in der Stadt mehr Tierarten leben als auf dem Land. So gibt es in München beispielsweise bis zu 650 verschiedene Schmetterlingsarten, auf der Ackerflur finden sich nur bis zu 38. Aus diesem Grund sind auch Gewinnungsstätten für die Artenvielfalt so wichtig: Sie bieten die verlorenen gegangenen Lebensräume. „Die Sand- und Kiesgewinnung ist für den Erhalt der Biotop-Vielfalt und -Dynamik in der Kulturlandschaft unentbehrlich“, versichert er.
Kompetenz im Umweltschutz: Josef Reichholf
Der Münchner Biologieprofessor Josef Reichholf ist Zoologe und Ökologe. Er promovierte Ende der 1960er Jahre über wasserlebende Schmetterlinge in Kiesgruben im niederbayerischen Inntal. Im nationalen und internationalen Naturschutz war er in führenden Positionen tätig, so war er beispielsweise im Präsidium von WWF Deutschland. Mit der Artenvielfalt in unserem Land befasste er sich in umfangreichen eigenen Forschungen. Großes Aufsehen erregten seine Befunde zur Natur in den Städten, die an Artenreichtum sogar Naturschutzgebiete übertreffen. Seine Kritik am gegenwärtig praktizierten Naturschutz hat heftige Diskussionen ausgelöst. Er lehrte an der Technischen Universität München Naturschutz und Ökologie, war Dozent der Ludwig-Maximilians-Universität München und leitet die Wirbeltierabteilung der Zoologischen Staatssammlung München.
Bayerischer Industrieverband Steine und Erden e.V.
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