(firmenpresse) - MAINZ/FRANKFURT AM MAIN. Der Kunde hat eine überlegene Verhandlungsposition. Bei den Zahlungsbedingungen haben sich meist die für ihn vorteilhaften Konditionen durchgesetzt. Voraus-zahlungen kommen so gut wie nicht vor, Lastschriftverfahren wer-den selten angewandt und Skonto wird auch dann klaglos ge-währt, wenn das Zahlungsziel schon längst überschritten ist.
Das ist ein zentrales Ergebnis der neuen empirischen Studie: "Er-folgsfaktoren der Forderungsrealisation in der Unternehmenspra-xis": Unter diesem Titel haben das Institut für Unternehmensdiag-nose (InDiag) der Fachhochschule Bochum und der Verein für Credit Management (VfCM), Neuss, 1.500 Unternehmen zu ihrem Zahlungsverhalten befragt. Das Besondere an der Herangehens-weise: Erstmals wurden das Kreditorenmanagement und die Zah-lungsmotivation aus Sicht der Schuldner untersucht. Hintergrund: Der so genannte Lieferantenkredit - sprich das Zahlungsziel, wel-ches ein Lieferant seinem Kunden einräumt - ist für viele Unter-nehmen heute ein unentbehrliches Finanzierungsinstrument. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf das Zahlungsverhalten der Schuldner aus? Und haben Gläubiger auf die veränderte Situation schon reagiert? Die Ergebnisse der ausgewerteten Fragebögen lassen klare Rückschlüsse zu.
Aus der Studie geht beispielsweise hervor, dass Gläubiger oft lange Zahlungsziele und Lieferantenkredite einräumen - und das ohne Absicherungen. So muss nur knapp ein Drittel der Befragten vor der Gewährung von Lieferantenkrediten über Sicherheiten verhandeln. "Dabei können Lieferanten sicher sein, dass Firmen-kunden hinreichende Erfahrungen mit der Einräumung von Si-cherheiten haben. Sie sollten dies häufiger zum Verhandlungsge-genstand machen", rät Professor Bernd Weiss, Leiter des InDiag.
Forderungsmanagement straffen
In der Regel bezahlen die befragten Unternehmen ihre Rechnun-gen innerhalb der gewährten Frist. In einigen Fällen kommt es zu erheblichen Verzögerungen. Mit welchen Mahn- und Inkasso-massnahmen die Firmenkunden in solchen Fällen konfrontiert wer-den, war eine weitere Frage. 81 Prozent werden zunächst mit ei-ner freundlichen Zahlungserinnerung angeschrieben. An zweiter Stelle kommt das telefonische Mahnen. Drastische Massnahmen wie Lieferstopp oder Einschaltung eines Rechtsanwaltes erleben die wenigsten Schuldner. "Die Praxis der Forderungsrealisation ist sehr stark durch die klassische schriftliche Mahnung geprägt. Es ist den Gläubigern zu empfehlen, auch andere, innovative Instru-mente zu entwickeln", empfiehlt Weiss.
Ein straffes Forderungsmanagement des Gläubigers wird bei-spielsweise von zwei Drittel der Befragten als wenig oder gar nicht kritisch bewertet. Auch die Nutzung von Factoring durch den Gläubiger sehen die wenigsten Firmenkunden als problematisch an. Wichtig ist für die Befragten dagegen, dass ihr Zahlungsver-halten in der Wirtschaftsauskunft weiter positiv bewertet wird. Bei 79 Prozent der befragten Unternehmen spielt dieser Aspekt eine wichtige Rolle bei ihrer Zahlungsmotivation. "Damit wird die Be-deutung der Wirtschaftsauskunft im Geschäftsverkehr deutlich", so Weiss. Diese Ergebnisse decken sich mit den Erfahrungen von Creditreform, grösster Anbieter von Wirtschaftsauskünften und In-kassodienstleistungen aus einer Hand: "Wir stellen bei Schuldnern immer wieder ein ausgeprägtes Problembewusstsein fest, wenn wir sie wegen offenen Forderungen kontaktieren. Ein straffes For-derungsmanagement inklusive Telefoninkasso und Factoring stösst daher nicht auf Ablehnung, sondern wird eher als Indiz für ein professionelles Geschäftsgebaren gewertet. Dabei spielt si-cher auch der langfristige Blick auf den Inhalt der Wirtschaftsaus-kunft eine Rolle", so Michael Bretz von Creditreform.
Bei den Reklamationsgründen für Rechnungen gaben 31 Prozent der befragten Unternehmen eine falsche Adresse oder Firmierung an. Diese kleine Ursache hat oft die grosse Wirkung, dass sie bei Unternehmen Zahlungseingänge - zum Teil deutlich - verzögert und so die Liquidität stark einschränkt. Dagegen hilft das neue System EASY (Enterprise Access System). Es leistet Einführung und Vergabe einer weltweit einheitlichen Firmenidentifikations-nummer. Das neue Tool wurde im Rahmen einer Kooperation zwischen Coface, einem der weltweit führenden Kreditversicherer und Anbieter von Lösungen im Forderungs- und Risikomanage-ment, und Creditreform entwickelt.
In Europa gibt es zwar in einigen Ländern bereits staatlich ge-steuerte Systeme zur Vergabe von Erkennungsnummern für Un-ternehmen. Diese sind aber nicht aufeinander abgestimmt. Auch deshalb kommt es in vielen Datenbanken von Unternehmen zu fehlerhaften Datensätzen und unnötigen Doppeladressen.
"EASY ist als erstes System in der Lage, internationale Firmen-identifikationsnummern mit bereits vorhandenen Landesfirmen-identifikationsnummern-Systemen abzugleichen", erläutert Stefan Brauel, Vorstandsmitglied der Coface Deutschland. Unternehmen, Kreditinstitute, Finanzdienstleister und andere international tätige Player müssen ihre Geschäftspartner weltweit identifizieren. Dar-um pflegen sie Firmendatenbanken verschiedener Kundengrup-pen wie Exporteure, Importeure, multinationale Unternehmen, in-ternationale Institutionen, Banken, u.s.w.. Für alle im Firmen- und Geschäftskundenbereich tätigen Unternehmen bietet EASY künf-tig Zugriff auf ein aktuelles System, welches nach Einschätzung der Anbieter "den kommenden Standard bei weltweiten Firmen-identifikationsnummern" bietet. Die EASY ID-Nummer ermöglicht auch, Unternehmensdatenbestände mit unterschiedlichen natio-nalen ID-Nummern (zum Beispiel Crefo-Nr. od. Coface-Ident-Nr.) zu prüfen und abzugleichen.
Ein grosser und aktueller Datenbestand ist der "Schatz der Kredit-versicherer." Deren Datenbestand ist meist noch wesentlich um-fangreicher als zum Beispiel der von Grossbanken. Hintergrund ist hier die starke Vernetzung der Kreditversicherer und die grosse Nähe zum Kunden sowie den Kunden seiner Kunden. Deshalb sagt Stefan Brauel:
"Als Kreditversicherer wissen wir wie wichtig es für Unternehmen ist, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Daher empfehlen wir immer wieder bestimmte Teile des Debitorenmanagements auszulagern". Eine Kreditversicherung könne vor unerwarteten Forderungsausfällen schützen und die Liquidität sichern. Ebenso könne Factoring in Zeiten von Basel II als Standbein alternativer Unternehmensfinanzierung genutzt werden. Auch der Forde-rungseinzug durch Inkasso ergänzt die Wertschöpfungskette im Debitorenmanagement.