(firmenpresse) - Bonn/Brüssel - Die drei baltischen Länder haben seit der Erlangung der Unabhängigkeit vor fünfzehn Jahren eine ökonomische Erfolgsgeschichte hingelegt. Doch jetzt hat Litauen, das an die europäische Tür klopft, mit ernsten Widerständen zu rechnen. Litauen hatte den Antrag auf Einführung des Euro gestellt, obgleich EU-Währungskommissar Joaquin Almunia Zurückhaltung empfohlen hatte. Und auch die Meinung der Ökonomen geht auseinander, ob die Konvergenzkriterien strikt eingehalten werden sollen.
"Ich bin strikt dagegen, die Kriterien für den Eintritt in die Europäische Währungsunion aufzuweichen. Glaubwürdigkeit wird man so nicht erzielen können", sagte Horst Siebert, Professor an der Johns-Hopkins-Universtität in Bologna, nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) http://www.faz.net. Siebert fürchte, dass eine nicht strenge Beachtung des Inflationskriteriums im Falle Litauens die Schleusen für spätere Beitritte öffnet und dem Euro-Raum langfristig mehr Probleme einhandelt als eine zeitweise Absage an Euro-Kandidaten.
In wirtschaftlicher Hinsicht sei eine Ablehnung der Beitrittswünsche der kleinen baltischen Staaten nur schwer zu erklären, so die Auffassung von Joachim Fels von der Investmentbank Morgan Stanley http://www.morganstanley.com. Estland, Lettland und Litauen seien so klein, dass eine hohe Inflation dort im Euro-Raum kaum ins Gewicht fiele. Fels verweist darauf, dass die höhere Inflation gute Gründe habe. "In wirtschaftlich aufholenden Ländern, die ihre Währungen wie im Baltikum schon seit Jahren fest an den Euro gekoppelt haben, seien höhere Inflationsraten unausweichlich", so die FAZ über den Ökonomen von Morgan Stanley. Den Präzedenzfall, den einige Volkswirte im Falle Litauens, befürchten, hat es nach Ansicht von Thomas Mayer, Chefvolkswirt Europa der Deutschen Bank, schon gegeben: 1998 habe man auch gewusst, dass Länder wie Spanien eine Aufholinflation erleben würden.
Jörg Peisert, Geschäftsführer der Jörg Peisert und Partner Vermögensmanagement GmbH http://www.jpp-online.com, hält es für problematisch, dass an dem kleinen Litauen eine Art Exempel statuiert werde. Peisert, dessen aktueller Finanzbrief der Analyse der boomenden baltischen Staaten gewidmet ist, kann die restriktive Haltung der EZB zwar verstehen, vermutet aber noch andere Motive hinter der Haltung der Euro-Banker: "Die EZB hat Schwierigkeiten, eine gemeinsame Geldpolitik für eine Region zu konzipieren, die keinen natürlichen Währungsraum darstellt. Mit jedem neuen Mitglied wird dies immer schwerer. Bei Finnland und Italien hat man sich in einem anderen Fall kulanter gezeigt. Es ist immer ein Problem, wenn insbesondere bei kleinen Ländern der Eindruck entsteht, es werde mit zweierlei Mass gemessen."