(firmenpresse) - Frankfurt am Main - Das deutsche Einwegpfand-System hat seinen ersten professionell vorbereiteten Betrugsfall. Wie die Lebensmittel Zeitung (LZ) http://www.lz-net.de in ihrer aktuellen Ausgabe berichtet, wurde eine Bande von Profifälschern in Schleswig-Holstein festgesetzt. Sie wollten 150.000 neu produzierte PET-Flaschen, deren Etiketten und Barcode gefälscht waren, über Leergutautomaten in das Pfandsystem einschleusen. Die Menge entspricht einem Pfandwert von knapp 38.000 Euro. Laut der Staatsanwaltschaft Itzehoe wurden drei Männer, die eigenen Aussagen zufolge von einem Osteuropäer angeheuert worden waren, auf einem Aldi-Parkplatz festgenommen. Anschliessend wurden die in einer Halle gelagerten Fälschungen sichergestellt. Offen ist, so bestätigt laut LZ die Deutsche Pfandsystem (DPG) GmbH http://www.dpg-pfandsystem.de, ob es sich um einen Einzelfall handelt oder ein kriminelles Netzwerk dahintersteckt. Die Plagiate einer Traubenschorlen-Flasche des Discounters kommen Polizei-Informationen zufolge aus Litauen. Die vertriebslinienübergreifende Rücknahme von bepfandetem Einweg-Leergut war zum 1. Mai 2006 unter Führung der Berliner DPG ohne eine zusätzliche Sicherung des vergleichsweise hohen Pfandwertes von 25 Cent pro Gebinde gestartet. Obgleich eine zusätzliche Sicherheitstechnik zum 1. Oktober greifen sollte, ist die entsprechende Technik bis dato nur in wenigen Geräten installiert. Das Pfandgeld wird allein auf Basis des Barcodes, der im aktuellen Fall gefälscht war, ausbezahlt.
Mittelständische Einzelhändler und Getränkemärkte klagen zudem über eine mangelhafte Rückerstattung von Pfandgeldern. Auch hier steht die Arbeitsweise der DPG in der Kritik. Unter Aufsicht der DPG wird die Pfandabwicklung und die Sackabholung des Leergutes organisiert. So steht es zumindest in den Verträgen. Grund für die Verzögerung sei laut DPG die "Nichtbeachtung von DPG-Vorgaben zur Erstellung von Rechnungen und Mengenmeldungen durch die Dienstleister". Dieses Regelwerk sei ein über 100seitiges bürokratisches Monster, gewachsen auf dem Mist der Unternehmensberatung Roland Berger, ereifert sich ein Vertreter der Getränkewirtschaft. "Traurigerweise hat das Dosenpfand bei vielen kleinen Firmen Arbeitsplätze und Existenzen gekostet", kritisiert ein Manager des Getränkefachgrosshandels und ergänzt zornig: "Erkundigen Sie sich mal bei der Deutschen Pfandgesellschaft wie diese Organisation durch Etiketten, monatliche EAN-Gebühren und jährliche Lizenzgebühren verdient."
Auch eine aktuelle Umfrage der Unternehmensberatung Bormann & Gordon (B & G) http://www.bormann-gordon.de zum Einkaufsverhalten von Getränkekunden stellt dem von der DPG initiierten Rücknahmesystem kein gutes Zeugnis aus. Die Verbraucher fühlten sich nur mittelmässig über die Neuregelungen zum Thema Einwegpfand informiert. Auch verwische das Pflichtpfand die Systemunterschiede zwischen Mehrweg und Einweg immer mehr. Die Ausweitung des Pfandes auf kohlensäurefreie Erfrischungsgetränke und Alcopops sei vielen Endkunden nicht bekannt. Befragte Marktleiter kritisieren den Mehraufwand bei der Pfandorganisation. So bemängelte der klassische Lebensmitteleinzelhandel, dass ein Grossteil der zurückgegebenen Einweg-Verpackungen von den Discountern stamme. Auf Händlerseite, so bestätigen die Analysten von B & G, sei eine deutliche Tendenz in Richtung Einweg auszumachen, besonders bei Wasser und kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken und vor allem dort, wo das Einwegsortiment erweitert wurde. In der Wahrnehmung der Konsumenten werde zwischen Mehrweg- und Einwegsystemen kaum noch ein Unterschied gesehen, so dass die Verbraucher stärker zur Einwegflasche greifen würden.
Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg) http://www.wafg-online.de und auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) http://www.ngg.net berichten von einer massiven Auslistung von Mehrweg, da mit der Konzentration auf Einweggebinde Lagerhaltungs- und Sortierkosten reduziert werden können. Bereits im Vorgriff auf das einheitliche Einweg-Rücknahmesystem ab Mai 2006 hätten sowohl der Lebensmitteleinzelhandel, vor allem aber die Discounter, alkoholfreie Getränke in Einweg grossflächig wieder eingelistet und ihr Einweg-Sortiment kontinuierlich weiter ausgebaut. "Die aktuellen Produktionszahlen verheissen nichts gutes. Handel und Abfüller verlangen immer mehr Getränkeverpackungen für das Einwegsegment. Mehrwegverpackungen sind klar auf dem Rückzug. Wenn die Bundesregierung die Dosenpfandregelung nicht nachbessert, gibt es für die ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen keine Marktchancen mehr", klagt ein Vertreter der Verpackungswirtschaft.