(ots) - Die Bischöfe brauchten lange, aber sie wurden
deutlich. Knapp sieben Monate nach dem Bekanntwerden der ersten
Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg stellte der
Missbrauchsbeauftragte der römisch-katholischen Deutschen
Bischofskonferenz, der Trierer Bischof Stephan Ackermann, am Dienstag
die überarbeiteten Leitlinien zum Umgang mit dem sexuellen Missbrauch
Minderjähriger vor. Die wichtigste Veränderung: Künftig sind
Kirchenvertreter, die von "tatsächlichen Anhaltspunkten" eines
Missbrauchsfalls erfahren, verpflichtet, diesen an die staatlichen
Behörden weiterzuleiten. Nur wenn es rechtlich zulässig ist, und dem
schriftlich zu dokumentierenden Wunsch des Opfers entspricht, kann
davon ausnahmsweise abgesehen werden. Verglichen mit den bisher
geltenden Leitlinien ist das eine deutliche Verschärfung, die nur zu
begrüßen ist. Auch dass die Entfernung aus dem Dienst selbst dann
möglich ist, wenn ein Fall nicht aufklärbar ist, aber Anhaltspunkte
für den Missbrauch vorliegen, ist ein hilfreicher Schritt in die
richtige Richtung. Denn diese Bestimmung wird, wenn sie richtig
angewandt wird, dafür sorgen, dass Beschuldigte von sich aus ein
Interesse an der Aufklärung des Falles haben und ein bloßes Aussitzen
nicht mehr infrage kommt. Anderswo wagten sich die Bischöfe dagegen
nicht aus ihrer Deckung: Dass von haupt- und nebenberuflichen
Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit ein erweitertes
Führungszeugnis eingeholt werden soll, ist nicht etwa ein
Fortschritt, sondern seit Mai 2010 geltendes Recht in Deutschland.
Und was ist mit den Ehrenamtlichen, die in der Kinder- und
Jugendarbeit vieler Gemeinden das Gros der Mitarbeiter stellen? Es
wäre vorbildlich auch für andere Organisationen gewesen, hätten die
Katholiken wenigstens ab einem bestimmten Umfang der ehrenamtlichen
Tätigkeit ein Führungszeugnis auch für Ehrenamtliche verlangt. Genau
wie bei der Frage der Entschädigungen: Dass Bischof Ackermann vor
jeder Festlegung auf die Ergebnisse des Runden Tisches der
Bundesregierung warten will, kommt nicht überraschend. Aber welches
Missbrauchsopfer hätte es ihm eigentlich übel genommen, wenn er schon
vorher mit einem generösen Vorschlag an die Öffentlichkeit getreten
wäre? Hier haben die Bischöfe eine Chance vertan, mit ihren
Leitlinien zu Vorreitern zu werden.
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