(firmenpresse) - Kreditversicherer befürchten Zahlungsunfähigkeit
Verfasser: Gunnar Sohn, Andreas Schultheis
Düsseldorf/Frankfurt am Main, www.ne-na.de - Mit Sorge betrachten die deutschen Kreditversicherer den steigenden Anteil von Private-Equity-finanzierten Unternehmen in Deutschland. Laut Peter Inglenrath, Vorstandsmitglied des Kreditversicherers Atradius http://www.atradius.com und Vorsitzender des Fachausschusses Kreditversicherung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft http://www.gdv.de, verzeichnet man eine wachsende Zahl betroffenen Unternehmen. Anzahl und Geschäftsvolumen der durch Finanzinvestoren finanzierten Unternehmen, die mit finanziellen Problemen zu kämpfen hätten, „haben 2006 deutlich zugenommen“, sagte er dem Handelsblatt http://www.handelsblatt.de. Die Tageszeitung hatte auch berichtet, dass europaweit rund sechs Millionen Arbeitsplätze von Finanzinvestoren abhängen. Die Kreditversicherer sehen nun die Gefahr, „dass die Beteiligungsgesellschaften ihre Portfoliounternehmen zu sehr mit den Kosten für den Kaufpreis belasten und damit die Zahlungsfähigkeit dieser Unternehmen einschränken.“
Für Dieter Heuskel, Deutschland-Chef der Beratungsfirma Boston Consulting http://www.bcg.de, steht möglicherweise sogar eine nachhaltige Änderung der Unternehmenskultur bevor, sollten die Private-Euity-Fonds ihren Siegeszug weiter fortsetzen. Das berichtet der Fachdienst Erfolg. Weil Investoren ein Unternehmen nicht als Institution, sondern lediglich als „Projekt auf Zeit“ ansehen, erhöhe sich die Gefahr einer „massiven Umverteilung von Werten und Gewinnen aus der Zukunft in die Gegenwart“, so Heuskel. In der Regel werden die aufgekauften Unternehmen nach zwei bis fünf Jahren zu einem höheren Preis weiter verkauft oder an die Börse gebracht.
Der Siegeszug der Finanzinvestoren hat indessen viele Deutsche überfordert, weil ihre ökonomische Bildung verbesserungswürdig ist, meint Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) http://www.bvmwonline.de: „Dass Kapitalismus mit Kapital zu tun hat, mag uns in Deutschland überraschen – in Großbritannien, in den USA, in Asien weiß das jeder. Der wesentliche Unterschied zu Deutschland besteht aber darin, das sich dort jeder nach Kräften den den Kapitalismus zu Nutze macht“, so Ohoven. Die Deutschen hätten weder eigenes Kapital noch Verständnis für kapitalistisches Verhalten entwickelt, so der gelernte Bankkaufmann. Dieses Nichtwissen über die Funktion globaler Finanzmärkte erkläre teilweise das maßlose Erschrecken, mit dem die Deutschen auf das Auftreten von Hedgefonds reagieren und den Staat zu Hilfe rufen.
Mit Nachdruck fordert er allerdings mehr Transparenz, da es unbefriedigend bleibe, wenn sich Hedgefonds in einem weitgehend ungeregelten Raum bewegen: „Anlass zur Sorge gibt, dass eventuelle Schieflagen größerer Fonds und die sich daraus ergebenden Risiken häufig erst dann zu erkennen sind, wenn es zu spät ist. Auch für ein mittelständisches Unternehmen wäre es gut zu wissen, wie es um einen Fonds bestellt ist, der sich als Investor anbietet.“ Wenn die Transparenz der Aktivitäten von Hedgefonds erhöht werde, dann habe auch der Mittelstand die Möglichkeit, die Herausforderung durch die Finanzinvestoren besser zu bestehen. Mittlerweile, so berichtet unter anderem die Financial Times Deutschland http://www.ftd.de, würden auch deutsche Dax-Konzerne sich möglichen Übernahmerisiken bewusst. Allerdings sehen Experten hier noch Nachholbedarf. Die Dax-Konzerne unterschätzen beispielsweise nach Ansicht der Investmentbank UBS www.ubs.com das Risiko feindlicher Übernahmeangebote. Von den Dax-30-Firmen beschäftigten sich demnach höchsten fünf bis sieben Unternehmen mit diesen Risiken. „Die Zahl sollte eigentlich doppelt so hoch sein", sagte Hermann Prelle, Chef des deutschen Investmentbankings beim Schweizer Institut.
Nach Ansicht des Ex-Deutsche-Börse-Chefs Werner Seifert sollte der Staat gesetzliche Maßnahmen ergreifen. Der Markt nähre schwarze Schafe, die gerne von Steuerparadiesen in der Karibik aus operieren. Finanzinvestoren müssten beispielsweise auf den Cayman Islands für eine Registrierung weniger Formulare ausfüllen als bei der Führerscheinprüfung in Deutschland. Institutionelle Investoren und Hedge Fonds schlüpften in Deutschland in die Rolle, die ehedem den Großaktionären vorbehalten war. „Sie tun so, als wären sie langfristig denkende Mehrheitseigentümer, aber in den meisten Fällen verschwinden sie genauso schnell wieder, wie sie gekommen sind – allerdings erst, nachdem sie das Management ausgetauscht und umfangreiche Ausschüttungen an die Aktionäre, also sich selbst, durchgesetzt haben“, so Seifert. Für alle Akteure auf den Kapitalmärkten der OECD sollten Offenlegungspflichten gelten. "Es darf nicht sein, dass Fonds, die auf den Cayman-Inseln registriert sind und so gut wie keine Informationen über ihre Eigentümer oder ihre Geschäftspraktiken herausrücken, zentralen Einfluss darauf nehmen können, wie große und größte Unternehmungen in Deutschland und in anderen Industriestaaten geführt werden", kritisiert Seifert. Das Mindeste, was man von diesen Anteileignern verlangen müsse, sei die Offenlegung ihrer Beteiligungen.