(ots) - Es ist erstaunlich und mit hohen Risiken für
Wirtschaft und Umwelt verbunden, dass die Bundesregierung im Entwurf
zu ihrem Energiekonzept keine Verknüpfung zur europäischen und
internationalen Energie- und Klimapolitik herstellt, erklärte die
deutsche Braunkohlenindustrie in einer ersten Reaktion zum Entwurf
für das neue Energiekonzept der Bundesregierung. Insbesondere die
längerfristigen Ziele für den Klimaschutz, so der Deutsche
Braunkohlen-Industrie-Verein (DEBRIV) in Köln, werden ausschließlich
für Deutschland als Vorgabe beschrieben.
Schon das Ziel, die deutschen CO2-Emissionen bis 2020 um 40
Prozent zu reduzieren, reicht im Sinne eines nationalen Alleingangs
über die 2009 gemeinschaftlich beschlossene EU-Klimapolitik hinaus.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch die Einführung des
europäischen Emissionshandelssystem (ETS) ein Minderungsziel von 21
Prozent für den Sektor Strom und energieintensive Industrien für 2020
zwingend vorgeschrieben wird. Dieses CO2-Budget kann nicht durch die
Entscheidung einzelner Staaten verändert werden. Etwa die Hälfte der
deutschen CO2-Emissionen unterliegen diesen Regeln und sind damit
einer ergänzenden oder zusätzlichen nationalen Zielvorgabe entzogen.
Ein deutsches Klimaprogramm oder Energiekonzept kann sich nur auf die
Nicht-ETS-Bereiche beziehen.
Hinzu kommt, dass es ab 2012 kein internationales Abkommen gibt,
mit dem der Kyoto-Prozess fortgeführt wird und auch die EU für die
Zeit nach 2020 keine bindenden Beschlüsse gefasst hat. "Die
Bundesregierung beschreitet mit ihrem Energiekonzept folglich
klimapolitisches Niemandsland, wenn sie die Treibhausgasemissionen
bis 2030 um 55 Prozent, bis 2040 um 70 Prozent und bis 2050 um 80
Prozent senken will", erklärte der DEBRIV.
Auch die von der Bundesregierung eingesetzten Gutachter hatten als
Grundbedingung angesprochen: "Auf der internationalen Ebene ist
mittelfristig der Abschluss eines völkerrechtlich verbindlichen
Klimaschutzabkommens unter Einbeziehung aller Industriestaaten und
zumindest der wichtigsten Entwicklungs- und Schwellenländer eine
unabdingbare Voraussetzung."
Viele der im Entwurf des Energiekonzepts angesprochenen Maßnahmen
und Technologien haben insbesondere jenseits von 2020
"hochspekulativen Charakter," kritisiert der DEBRIV. Es werden eine
große Zahl von Technologien oder Verfahren für bestimmte Zeitpunkte
in einer mehr oder weniger fernen Zukunft als gegeben angenommen, die
ihre Bewährungsprobe in technischer oder ökonomischer Hinsicht bei
Weitem noch nicht bestanden haben, erhebliche Nebenwirkungen
aufweisen oder überhaupt noch nicht existieren.
Zu Recht verweist die Bundesregierung darauf, einerseits für
Forschung, Entwicklung und Demonstration im Bereich der
Energietechnik mehr zu tun. Andererseits geht das Energiekonzept viel
zu wenig darauf ein, wie das heute ökonomisch und technisch Sinnvolle
umgesetzt werden kann und wie neue Lösungen vorbereitet werden.
Nicht geleistet wurde, zu unterscheiden und auf der Zeitachse zu
ordnen, was heute machbar, morgen möglich und übermorgen denkbar ist.
Es mangelt daran, die deutsche Politik mit EU-Strategien zu verzahnen
und den internationalen Kontext herzustellen. Wenn das Energiekonzept
einen ergebnisoffenen Diskussionsprozess in Gang setzen würde, bei
dem Entscheidungen hinsichtlich der Nebenwirkungen überprüfbar werden
und man bereit ist, Fehleinschätzungen im Zeitverlauf auszuräumen,
dann könnte der Prozess in einen produktiven Pfad münden, meint der
DEBRIV.
In diesem Sinn bewerte die Braunkohlenindustrie die Hinweise im
Energiekonzept zur Modernisierung von Kraftwerken und zur Entwicklung
der CCS-Technik ausdrücklich positiv. Vollkommen unverständlich sei
allerdings, dass auf die Bedeutung heimischer Ressourcen wie
Braunkohle oder Erdgas im Kontext von Versorgungssicherheit,
Technologie und Preiswürdigkeit überhaupt nicht eingegangen wird. Der
DEBRIV mahnt an, im Spannungsfeld Utopie-Vision-Realität behutsam
vorzugehen, nicht politischen Machbarkeitsillusionen zu erliegen.
Deutsche Braunkohle - Eine belastbare Option
Deutschland verfügt über einen leistungs- und wettbewerbsfähigen
Braunkohlenbergbau und über Braunkohlenreserven, die weit in die
Zukunft reichen. Als einziger heimischer Energieträger, der in großen
Mengen zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung steht, trägt die
Braunkohle zu rund einem Viertel zur deutschen Stromerzeugung bei.
Durch Investitionen in hocheffiziente Kraftwerke und die
Modernisierung bestehender Anlagen können die spezifischen
CO2-Emissionen gesenkt und die Flexibilität der Kraftwerke erhöht
werden. Braunkohlenkraftwerke tragen damit zu einer preisgünstigen
Integration fluktuierender Leistung aus erneuerbarer Energie bei.
Durch die Demonstration von Technologie zur Abscheidung, Transport
und Speicherung von CO2 wird schon über die mittlere Frist gesehen
die Option eröffnet, Braunkohlennutzung und deutlich verschärfte
Klimaziele kompatibel zu gestalten.
Hinzu kommt, dass heimische Braunkohle schon heute eine
beachtliche Rolle im Wärmemarkt spielt. In Zukunft wird bei
steigenden Preisen für Erdöl und Erdgas die stoffliche Nutzung in der
Chemie zu einer realitätsnahen Option.
Realitätsferne Visionen verstärken Akzeptanzprobleme
Um Akzeptanzproblemen vorzubeugen, sollte die Bundesregierung den
Eindruck vermeiden, es bestehe ein wirklich valider Plan zum
ökologischen Umbau der Industriegesellschaft. Die Ankündigung, im
Jahre 2050 könne der Energieverbrauch zu annähernd 100 Prozent aus
erneuerbaren Energien gedeckt werden und die Umwelttechnik allein
strukturtragend sein, ist eine extrem risikobetonte
Zukunftsvorhersage und könnte den Blick auf tatsächliche
Handlungsspielräume und faktische Notwendigkeiten verstellen.
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