(ots) - Von Thomas Wittke, Berlin
Die Bundespolitik sollte einen besonneneren Beitrag zur Milderung
des Konfliktes um das verkehrspolitische Großprojekt Stuttgart 21
leisten. Davon sind Regierungs- wie Oppositionsparteien weit
entfernt. Vielmehr brachte die Zuspitzung in Stuttgart überwunden
geglaubte Reflexe hervor: Die vereinigte Linke - inklusive der SPD -
stellte die Polizei rücksichtslos an den Pranger. Der
baden-württembergische Innenminister erweckte dagegen den Eindruck,
dass ein Protestzug mit Rentnern und Schülern nicht anders zu
behandeln sei als eine Demonstration extremistischer gewaltbereiter
Links-Autonomer. Beide Einschätzungen basieren auf bodenloser
politischer Dummheit, die selbst mit den in einem knappen halben Jahr
stattfindenden Landtagswahlen in Stuttgart nicht zu begründen sind.
Eines ist nach den jüngsten Massenprotesten Abends klar: Mit formalen
Argumenten ("Alles demokratisch beschlossen") lässt sich der Unmut
nicht kontrollieren. Bund, Land und Bahn müssen sich den Fragen
stellen: Beispielsweise jener nach den unterstellten exorbitanten
Mehrkosten für die Steuerzahler, die in der weit zurückliegenden
Entscheidungsphase so noch nicht absehbar waren. Hier muss sich vor
allem die baden-württembergische Landesregierung erklären. Es ist
zwar richtig, dass einmal demokratisch getroffene Entscheidungen
nicht wieder in Frage gestellt werden sollten. Aber die Bundespolitik
macht - Stichwort Atomwerk-Laufzeiten - vor, dass man Fehler von
Vorgängern auch wieder revidieren kann. Und in klammen Zeiten ist der
Hinweis auf eine Kostenexplosion ein starkes Argument, wenn sie den
Nutzen gefährdet.
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