Nichts ist beständiger als der Wandel. Dieses Bonmot gilt auch für die elektrische Energieversorgung Europas, die sich derzeit in einem fundamentalen Umgestaltungs¬prozess befindet.
(firmenpresse) - So sollen nach den Vorgaben der europäischen Politik bereits 2020 erneuerbare Energiequellen über 30 % des Verbrauchs elektrischer Energie decken und im weiteren Verlauf zügig zum größten Sektor der elektrischen Energieversorgung werden. Da das Potential der traditionellen erneuerbare Energiequelle, der Wasserkraft, in Europa weitgehend ausgeschöpft ist, wird die Veränderung über¬wiegend von den so genannten neuen erneuerbaren Quellen, vor allem von Wind- und Sonnen¬energie, getrieben.
Die größte Herausforderung bei der Nutzung dieser Quellen ist jedoch die hohe Volatilität des Primärenergieangebots und die verhältnismäßig niedrige Zahl von Volllaststunden, die zwangsläufig zu hohen installierten Leistungen führt. Darauf verwies Prof. Dr.-Ing. Jochen Kreusel, Vorsitzender der Energietechnischen Gesellschaft (ETG) im VDE anlässlich eines Pressegesprächs in München. Einen Ausweg biete die Mischung mehrerer Quellen wie Wind und Sonne, ebenso wie Einbeziehung größerer Regionen, so Kreusel. Dies setze ein weit ausgebautes Verbundsystem mit den entsprechenden Übertragungsnetzen voraus. Dem Ausbau der Übertragungsnetze und der Ertüchtigung der Netze insgesamt ist deshalb zu Recht breiter Raum im Energiekonzept der Bundesregierung eingeräumt worden. „Ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir es sehr begrüßen, dass die Bundesregierung erstmals ein Konzept erarbeitet hat, das der ganzheitlichen Herausforderung Rechnung trägt“, so Kreusel.
Dessen ungeachtet treffen die Netzbetreiber bei der Umsetzung auf starken Wider¬stand bei der betroffenen Bevölkerung. Ein zentrales Thema ist dabei der Wunsch nach dem Einsatz tech¬nischer Alternativen zu Freileitungen, insbesondere mit dem Ziel der Verkabelung. „Diese Wün¬sche werden häufig durch verkürzte Darstellungen der technischen Möglichkeiten unterstützt“, so Kreusel. Man habe deshalb eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, in der erstmals Übertragungsnetzbetreiber, Hersteller und Universitäten den Stand der Technik und die Möglichkeiten und Grenzen der verschie¬denen heute verfügbaren technischen Lösungen gegenübergestellt haben. Kreusel: „Wir möchten damit zur Versach¬lichung der Diskussion beitragen und dazu, dass alle gesellschaftlichen Gruppen rechtzeitig die Wei¬chen stellen, damit die Übertragungsnetze mit den wachsenden Anforderungen Schritt halten können.“
Fakt ist, dass für die Verstärkung des 400-kV-Drehstromnetzes Hochspannungs-Freileitungen im allge¬meinen nach wie vor die sowohl unter technisch-wirtschaftlichen als auch unter ökologischen Gesichtspunkten beste Lösung darstellen. „Bei der künftig benötigten Ferntransport-Infrastruktur wird nach heutigem Kenntnisstand die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung eine zentrale Rolle spielen“, so Kreusel. Diese Technik sei zwar weltweit seit über 50 Jahren im Einsatz, allerdings nicht im Kontext eines stark vermaschten Drehstromnetzes. Pilotprojekte unter den für Europa charakteristischen Rahmenbedingungen seien deshalb erforderlich.
Redaktionsbüro für Wisenschaft und Technik