In einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Potsdam erkannte ein Online-Shop-Betreiber die Ausübung des Widerrufsrechts zwei Jahre nach Lieferung eines Laptops an. Grund hierfür war die fehlerhafte Belehrung über das Widerrufsrecht.
(firmenpresse) - Sachverhalt
Auf die Bestellung des Klägers im Dezember 2007 lieferte der beklagte Betreiber eines Online-Shops einen Laptop im Wert von ca. 1.600,00 Euro. Da der Laptop diverse Male Fehlfunktionen aufwies, die vom Verkäufer erfolglos nachgebessert wurden, erklärte der Käufer Ende 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Verkäufer verweigerte die Rücknahme des Laptops mit der Begründung, dass ein Mangel nicht vorlag. Der Käufer klagte sodann auf Rückzahlung des Kaufpreises.
Problemaufriss
Um einen Anspruch auf Rücktritt wegen Mangels durchzusetzen, hätte der Kläger beweisen müssen, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Laptops Ende 2007 vorgelegen habe. Dieser Beweis hatte wegen der zwei Jahre zurückliegenden Übergabe nur geringe Aussicht auf Erfolg. Eine Prüfung des Kaufablaufs ergab jedoch, dass der Online-Shop-Betreiber unzureichend über das Widerrufsrecht aufgeklärt hatte. Deshalb widerrief der Käufer seine Erklärung für den Fall, dass er mit seinem Gewährleistungsanspruch scheitern würde.
Der Verkäufer führte aus, dass der Käufer zum Abschluss der Bestellung die AGB und die Widerrufsbelehrung durch Setzen eines Häkchens akzeptiert habe. Er sei – so der Verkäufer – deshalb ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt worden.
Zudem sei das Widerrufsrecht sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen. Hierbei berief sich der Verkäufer auf § 355 Abs. 3 BGB.
Rein hilfsweise führte der Verkäufer an, dass der Käufer für die zweijährige Nutzung Wertersatz zu leisten habe.
Der Verkäufer scheitert mit allen seinen Argumenten.
Lösung
Das Gesetz schreibt vor, dass der Käufer über sein Widerrufsrecht bei Vertragsschluss (nach neuem Recht die unverzügliche schriftliche Belehrung nach Vertragsschluss) in Textform belehrt werden muss. Dem Textformerfordernis genügt es nicht, dass die Widerrufsbelehrung auf der Internetseite erfolgt.
In der Konsequenz konnte sich der Verkäufer auch nicht auf das Erlöschen des Widerrufsrechts sechs Monate nach Vertragsschluss berufen. Das Erlöschen setzt nämlich voraus, dass der Käufer hierüber ebenfalls in Textform belehrt wurde (diese Vorschrift findet sich nach neuem Recht in § 355 Abs. 4 BGB). Der Wertersatzanspruch scheiterte – neben der ohnehin problematischen Rechtsprechung des EuGH (vgl. ilex unter Das ewige Leid mit der Widerrufsbelehrung - Der EuGH kippt die Wertersatzklausel in der Widerrufsbelehrung) – erneut an der fehlerhaften Form der Widerrufsbelehrung.
Fazit
Das Amtsgericht folgte in seinem Hinweis an den Verkäufer der Auffassung von ilex, dass die Widerrufsbelehrung fehlerhaft und der Anspruch des Käufers ungekürzt begründet ist.
Der Fall zeigt, dass einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung erhebliche Bedeutung zukommt: Ist die Belehrung fehlerhaft, stehen dem Käufer möglicherweise Ansprüche auf Rückerstattung des Kaufpreises auch noch Jahre nach dem Kauf zu. Ein Wertersatz scheitert in diesen Fällen regelmäßig.
Markus Timm
Rechtsanwalt zugleich Fachanwalt IT-Recht
ilex Rechtsanwälte & Steuerberater berät Online-Shop-Betreiber bei der Erstellung abmahnsicherer Online-Shops. Zudem hat ilex bundesweit Prozesserfolge im Bereich des E-Commerce erzielt. Weitere Beiträge zu diesem Spezialgebiet finden Sie auf unserer Homepage.
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