(ots) - Ein Chinese bekommt den Friedensnobelpreis - und das
stiftet zunächst Unfrieden. Chinas Regierung zürnt und findet harte
Worte für die Auszeichnung von Liu Xiaobo. Für sie ist er ein
rechtmäßig verurteilter Verbrecher. Und doch gehen von seiner Ehrung
auch versöhnliche, vielleicht sogar konstruktive Signale aus - für
alle Beteiligten. Liu steht für eine prinzipienfeste, aber
dialogbereite Strömung unter Chinas politischen Aktivisten. Die Wahl
anderer chinesischer Kandidaten hätte die radikalen Hardliner
gestärkt. Erst kürzlich hat Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao
ausführlich über politische Reformen geredet. Er spricht immer noch
sehr abstrakt von einem chinesischen Demokratiemodell. Â
Ankündigungen von Pressefreiheit und Gewaltenteilung sind nicht zu
erwarten. Aber Wen steht für einen gemäßigten Flügel innerhalb der
chinesischen Führung. Diese muss offenkundig jede politische
Entscheidung mehr und mehr mit internen Meinungscliquen
und Lobbygruppen aushandeln. Liu als Vertreter eines sanften, jedoch
beständigen Reformdrucks von außen bewirkt keine Wunder. Aber  er
verhindert womöglich eine Dominanz radikaler Kräfte auch innerhalb
der Machtelite. Dem Westen könnte die Entscheidung helfen, China
nicht mehr pauschal als grausamen Regime-Betonblock zu verurteilen.
Liu könnte Mut machen, das Land mit ehrlichen Ansagen in der
Staatengemeinschaft willkommen zu heißen.
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Lothar Tolks
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