(ots) - Der Zentralrat der Roma und Sinti in Deutschland
hat vor der Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag
und Dienstag nach Bulgarien und Rumänien einen Verzicht auf
Roma-Abschiebungen aus Deutschland in das Kosovo verlangt. Zugleich
machte Zentralratssprecher Herbert Heuß in einem Interview mit der
"Leipziger Volkszeitung" (Montag-Ausgabe) deutlich, dass das Problem
der Roma-Massenabschiebungen aus Frankreich auf den Balkan kein Roma-
oder Nomadenproblem sondern eine Frage des Arbeitsmarktes und der
Ausbeutung von Billiglöhnern sei. Die Kunden freuten sich auch in
Deutschland über billiges Gemüse. Aber warum gebe es beispielsweise
so billige Tomaten? "Weil in Spanien, in Griechenland, in Italien, in
Frankreich Saisonarbeiter unter übelsten Bedingungen Tomaten
pflücken, darunter sind auch Roma. Die werden ausgenutzt",
kritisierte Roma-Vertreter Heuß. Es sei "eine Provokation" von einem
Roma-Problem zu sprechen. "Die Roma in Rumänien sind keine Nomaden.
Sie suchen in erster Linie Arbeit, auch in Frankreich. Zwei Millionen
Rumänen sind in Europa auf Arbeitssuche, davon 200 000 Roma. Das
entspricht ungefähr dem Bevölkerungsanteil der Roma in Rumänien. Aus
Bulgarien haben sich rund eine Million Bürger aufgemacht, um in
Europa irgendwo Arbeit zu finden. Das sind doch keine Nomaden." Die
Bundeskanzlerin will während ihres Balkan-Besuchs auch über die
Roma-Problematik innerhalb der EU sprechen. Mit Blick auf die
Roma-Abschiebungen aus Deutschland in das Kosovo nach Ende des
Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien meinte Roma-Sprecher Heuß:
"Die Lage im Kosovo ist für Minderheiten, insbesondere auch für Roma,
so schwierig, dass sich Abschiebungen verbieten." Keinesfalls dürften
Familien mit Kindern abgeschoben werden. Gleiches gelte für ältere
Menschen: Auf dem Arbeitsmarkt im Kosovo habe man ab dem 40.
Lebensjahr so gut wie keine Chancen mehr. Sein Verband fordere zudem
eine Abschiebeverzicht im Fall von chronisch Kranken, von
traumatisierten Personen und auch von einzelnen Personen. Bisher
beliefen sich die Abschiebungen von Roma aus Deutschland in das
Kosovo auf eine niedrige dreistellige Zahl. An diesem Montag spreche
der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Roma und Sinti, Romani
Rose, mit dem Bundesinnenministerium, um zu generellen Empfehlungen
für die Länder in Abschiebungsfragen zu kommen. Verwundert zeigte
sich der Vertreter der Roma und Sinti in Deutschland über die
Roma-Abschiebungen ins Kosovo bei gleichzeitig laufender
Migrationsdebatte. "Logisch wäre die Nicht-Abschiebung. Es ist
einfach widersinnig, auf der einen Seite zu beklagen, dass
ausgebildete junge Leute in Deutschland zunehmend fehlen und auf der
anderen Seite junge Leute ins Kosovo abgeschoben werden, deren Eltern
darauf gedrängt haben, dass sie in Deutschland zur Schule und in die
Ausbildung gehen", so Heuß und ergänzte: "Im Kosovo sind sie
arbeitslos, in Deutschland würden sie gebraucht."
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