(ots) - Die Islamfeindlichkeit in Deutschland nimmt
erheblich zu. Das geht aus der Studie "Die Mitte in der Krise"
hervor, die am kommenden Mittwoch von der Friedrich-Ebert-Stiftung
veröffentlicht wird. Im ARD-Politikmagazin "Report Mainz" stellt der
wissenschaftliche Leiter der Studie, Dr. Oliver Decker, von der
Universität Leipzig fest, "dass wir es mit einer deutlichen Zunahme
an islamfeindlicher Einstellung der Bevölkerung zu tun haben. Einer
sehr deutlichen Zunahme, von bisher 34 Prozent auf über die Hälfte
der Bevölkerung, die islamfeindlichen Aussagen zustimmt." Das
Forscherteam um Oliver Decker untersucht seit 2002 mit
repräsentativen Umfragen und qualitativen Interviews islamfeindliche
Ressentiments in der Gesellschaft. Angesichts der aktuellen Debatte
um die Integration von Muslimen warnt der Forscher: "Die Menschen
äußern sehr viel leichter, was sie an Ressentiments haben. Es besteht
die Gefahr, dass dadurch auch ein demokratischer Konsens kippt in der
Umgangsweise mit Migrantinnen und Migranten."
Im Auftrag von "Report Mainz" hat das Meinungsforschungsinstitut
Infratest dimap gefragt, wer folgender Aussage zustimmt: "Ein
Deutschland ohne Islam wäre besser." 37 Prozent sind dieser Meinung
in der repräsentativen Umfrage. Außerdem hat "Report Mainz" die
Zustimmung zu folgender Aussage erfragen lassen: "Seit der Debatte
über Thilo Sarrazins Buch kann man sich trauen, den Islam offener zu
kritisieren." 44 Prozent sind dieser Meinung. 35 Prozent der
Befragten machen sich "große Sorgen, dass sich der Islam in unserer
Gesellschaft zu stark ausbreitet."
Nach Recherchen von "Report Mainz" bekommen Wissenschaftler, die
sich kritisch zu den Thesen von Thilo Sarrazin äußern, Morddrohungen
und hunderte von Hass- bzw. Drohmails. Darin werden sie beschimpft
als "Kamelficker" und "islamische Hetzer", die Rede ist von
"verkackter Moslemlogik" und man wünscht ihnen "Peitschenhiebe".
Die kontroverse Debatte über Muslime in Deutschland zeige Wirkung,
sagt die Migrationsforscherin Dr. Naika Foroutan von der
Humboldt-Universität Berlin in "Report Mainz": "Wenn man Muslime
immer wieder mit den Wörtern von Kriminalität,
Integrationsverweigerung und Bildungsrückstand, sogar teilweise mit
genetischen Defekten und Unzucht in Verbindung bringt, dann ist das
etwas, was gefährlich ist. Menschen, die in dieser Form nie über eine
ganze Gruppe nachgedacht haben, werden dadurch diese Wörter in den
Mund gelegt. Und wir finden dann, dass es immer weniger Hemmschwellen
gibt, diese Wörter zu benutzen."
Der Berliner Bezirksstadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Jan
Stöß (SPD), beobachtet, dass sich die Stimmung unter den Migranten in
den letzten Wochen deutlich verändert hat. Im Interview mit "Report
Mainz" sagt er: "Es gibt eine Beklemmung und Bedrückung, bis hin zu
Vorfällen, wo es tatsächlich zu tätlichen Übergriffen kam, wo einer
Frau auf der Straße das Kopftuch heruntergerissen wurde, und gesagt
wurde, in Deutschland trägt man kein Kopftuch. Das sind Vorfälle, die
sich - glaube ich - häufen, die besorgniserregend sind und wo wir
aufpassen müssen, dass wir den sozialen Frieden nicht gefährden."
Zitate gegen Quellenangabe frei. Bei Fragen wenden Sie sich bitte
an "Report Mainz", Tel.: 06131/929-3351.