PresseKat - Der familienrechtliche Verwandtenunterhalt

Der familienrechtliche Verwandtenunterhalt

ID: 275866

Der deutsche Gesetzgeber bestimmt, dass Verwandte einander Unterhalt zu leisten haben. Die rechtliche Grundlage und praktische Aspekte des Verwandtenunterhalts erläutern die Rechtsexperten der Kanzlei Dobiasch & Richter.

(firmenpresse) - Die Verpflichtung zum Verwandtschaftsunterhalt geht aus § 1601 BGB hervor. Er verlangt grundsätzlich nur von solchen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, einander Unterhalt zu leisten. Die Unterhaltspflicht beschränkt sich somit auf direkt voneinander abstammende Verwandte in aufsteigender oder absteigender Linie. Großmutter, Eltern, Kinder und Enkelkinder könnten beispielsweise im Rahmen des § 1601 BGB einander zum Unterhalt verpflichtet sein, nicht jedoch Geschwister untereinander oder Kinder und Stiefeltern.

§ 1602 BGB grenzt die Unterhaltspflicht auf Verwandte ein, die nicht eigenständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Durch § 1603 BGB werden unterhaltspflichtige Verwandte geschützt, indem sie nur insoweit zum Unterhalt verpflichtet werden dürfen, dass die Unterhaltsleistung unter Einbezug ihrer sonstigen Pflichten den angemessenen Selbstbehalt nicht in Frage stellt.

Eine allgemein verbreitete Form des Verwandtschaftsunterhalts ist der Kindesunterhalt. Er spielt beispielsweise im Zusammenhang mit Ehescheidungen oft eine Rolle. Jedoch sind auch Kinder ihrerseits häufig dazu verpflichtet, die Eltern zu unterstützen, insbesondere wenn diese pflegebedürftig werden.

Die stationäre Unterbringung in einem Pflegeheim verursacht Monat für Monat Kosten von einigen Tausend Euro. Die wenigsten Pflegebedürftigen sind in der Lage, derartig hohe Aufwendungen über einen langen Zeitraum aus ihrer Rente, der Pflegeversicherung oder eigenen Vermögenswerten aufzubringen. Sind ihre finanziellen Ressourcen ausgereizt, kommt das Sozialamt im Rahmen der Sozialhilfe für die stationäre Unterbringung der Pflegebedürftigen auf.

Um seinen finanziellen Aufwand zu reduzieren, ist das Sozialamt berechtigt, den Anspruch des Pflegebedürftigen auf Verwandtschaftsunterhalt gegenüber unterhaltsverpflichteten Verwandten durchzusetzen und wird dies in der aller Regel auch versuchen. Die betroffenen Kinder gelangen aus diesem Grund häufig in die äußerst belastende Lage, gleichzeitig ihre Eltern und die eigenen Kinder unterhalten und der Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge Rechnung tragen zu müssen.





Beantragen die Eltern Leistungen aus dem Grundsicherungsgesetz, entsteht dem Sozialamt kein Anspruch auf den Verwandtenunterhalt, wodurch die Kinder erheblich entlastet werden können. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Anwendungsbereich des Grundsicherungsgesetzes gegeben ist. Hierzu dürfen die Kinder über keinen Verdienst von mehr als 100.000 Euro im Jahr verfügen. Die Leistungen des Grundsicherungsgesetzes gelten dem Lebensunterhalt des Empfängers. Die Kosten der stationären Heimunterbringung fallen jedoch nicht in diesen Bereich, weswegen es an dieser Stelle zu Ansprüchen des Sozialamtes gegen die Kinder eines pflegebedürftigen Elternteils kommen kann.

§ 1603 BGB bestimmt eine recht abstrakte Begrenzung für die Inanspruchnahme des Kindes durch den Verwandtschaftsunterhalt. Der angemessene Selbstbehalt wird daher anhand von richterlich erlassenen Unterhaltstabellen, etwa der Düsseldorfer Tabelle, praxistauglich ausgestaltet. Aufgrund dieser Regelungen stehen derzeit jedem Kind ein Selbstbehalt von monatlich 1400 Euro inklusive Warmmiete sowie weitere 1050 Euro für einen Ehepartner zu. Der Selbstbehalt darf nicht durch den Verwandtschaftsunterhalt gegenüber den Eltern angegriffen werden. Verfügt ein Kind über ein höheres Einkommen, ist der, den Selbstbehalt übersteigende, Betrag zur Hälfte für den Unterhalt seiner unterhaltsbedürftigen Eltern einzusetzen.

Ein bedeutendes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (AZ 1 BvR 1508/96) schränkte im Jahr 2005 den Verwandtenunterhalt und insbesondere die Zugriffsrechte der Sozialbehörden ein. Bei der Einkommensbestimmung des unterhaltspflichtigen Kindes sind, der Entscheidung zur Folge, Aufwendungen für den Aufbau einer angemessenen Altersvorsorge unterhaltsmindernd zu berücksichtigen. In praktischer Hinsicht sind unterhaltspflichtige Kinder aufgrund dieser höchstrichterlichen Entscheidung nicht dazu verpflichtet, ein für die Altersvorsorge erworbenes oder erbautes Eigenheim zu verkaufen oder mit Grundschulden zu belasten, um die stationäre Unterbringung ihrer Eltern zu finanzieren.

Zieht das Sozialamt den Anspruch des pflegebedürftigen Elternteils auf Verwandtschaftsunterhalt an sich und bringt ihn zur Begleichung seiner Kosten zur Geltung, ist den betroffenen Verwandten die Hinzuziehung eines rechtlichen Beistandes zu empfehlen, um ihre Rechte vor Gericht durchzusetzen.

Die Familienrechtsexperten der Kanzlei Dobiasch & Richter in Bergen auf Rügen engagieren sich seit Langem mit Erfahrung und fachlicher Kompetenz für die Durchsetzung der rechtlichen Anliegen ihrer Mandanten. Weiterführende Fragen zu allen familienrechtlichen Themengebieten beantworten sie jederzeit gerne.

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Datum: 15.10.2010 - 13:53 Uhr
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