(ots) - Wegen Entschädigungsvorschrift im Atomgesetz können
sich Atomkonzerne die finanziellen Aufwendungen für anstehende
Sicherheitsnachrüstungen bei den Ländern wiederholen - Deutsche
Umwelthilfe empfiehlt AKW-Standortländern im Bundesrat die Anrufung
des Vermittlungsausschusses - Ziel: Streichung der
Entschädigungsvorschrift in § 18 Abs. 3 Atomgesetz
In Schreiben an die Staatskanzleien, die Finanzministerien und die
Atomaufsichtsministerien der fünf AKW-Standortländer hat die Deutsche
Umwelthilfe e. V. (DUH) auf unkalkulierbare Risiken für die
jeweiligen Länderetats hingewiesen, die sich aus der im Bundestag
beschlossenen Laufzeitverlängerung alter Atomkraftwerke ergeben. Nach
einer fast vergessenen Bestimmung in Absatz 3 des Paragrafen 18 des
Atomgesetzes von 1959 können die AKW-Betreiber bei nachträglichen
Sicherheitsauflagen von den Standortländern Entschädigungen für die
Kosten verlangen, die anfallen, um die Jahrzehnte alten Meiler für
zusätzliche acht bis 14 Betriebsjahre zu ertüchtigen. Die DUH
empfiehlt den betroffenen Bundesländern Schleswig-Holstein,
Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern in den Schreiben
deshalb, am 26. November im Bundesrat wegen der nicht absehbaren
Belastungen den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ziel müsse es sein,
Paragraph 18 Absatz 3 des Atomgesetzes ersatzlos zu streichen.
"Es gehört zu den vornehmsten Pflichten der Landesregierungen,
ihre Steuerzahler vor unnötigen Belastungen zu schützen", sagt
DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Die Konzerne würden mit der
Laufzeitverlängerung Milliarden verdienen, gleichzeitig könnten sie
jedoch versuchen, die anfallenden Nachrüstungskosten auf die
Steuerzahler abzuwälzen.
Die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Rechtsanwältin
Cornelia Ziehm, erklärt, dass der Rechtsanspruch der Konzerne auf
Entschädigungszahlungen der Länder nach dem Wortlaut des Paragraphen
18 Absatz 3 auch für nachträgliche Auflagen gelte. In der
juristischen Literatur sei umstritten, ob dies für jede nachträgliche
Auflage gelte oder nur für solche gilt, die einem Widerruf
gleichkommen. Im zweiten Fall gäbe der Paragraph jedoch keinen Sinn,
weil eine solche Auflage rechtswidrig wäre. Höchstrichterliche
Rechtsprechung zur Auslegung des § 18 Abs. 3 gäbe es nicht. Auf die
fünf Länder mit Atomaufsichtsbehörden komme daher durch die
Laufzeitverlängerung ein unkalkulierbares finanzielles Risiko zu.
Sicherheitsnachrüstungen, die in nachträglichen Auflagen der
Atomaufsichten festgelegt werden, gelten auch der Bundesregierung und
den AKW-freundlichen Standortländern als unausweichliche
Voraussetzung für einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke über die
bisher festgelegte Laufzeit von nominell 32 Jahren hinaus.
Die Vorstellung, das künftig Länderfinanzminister gemeinsam mit
den Konzernen gegen drohende, teure Nachrüst-Auflagen argumentieren
könnten, um die Etats ihrer jeweiligen Bundesländer vor
milliardenschweren Sonderlasten zu schützen, sei ebenso realistisch
wie bedrohlich - gerade weil die AKW mit zunehmendem Alter immer
störanfälliger werden. "Die einzige realistische Lösung dieses
Folgeproblems der Entscheidung über die Laufzeitverlängerung ist die
die ersatzlose Streichung der entsprechenden Bestimmung im
Atomgesetz", sagt Ziehm. Dies könnte der Bundesrat erreichen, wenn er
mit Mehrheit den Vermittlungsausschuss aus Bundestag und Bundesrat
anrufe.
Pressekontakt:
Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Mobil: 0151 55016943, Tel.: 030 2400867-0, E-Mail:
baake(at)duh.de
Dr. Cornelia Ziehm, Leiterin Klimaschutz und Energiewende, Hackescher
Markt 4, 10178 Berlin; Mobil: 0160 94182496; Tel.: 030 2400867-0,
E-Mail: ziehm(at)duh.de
Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik und Presse, Hackescher Markt 4,
10178 Berlin; Mobil: 0171 5660577, Tel.: 030 2400867-0, E-Mail:
rosenkranz(at)duh.de